Komnmentar Milchstreik: Milchmädchen, wehrt euch!
Es sollten sich möglichst viele Bauern am aktuellen Streik beteiligen - damit die Preise steigen und der unsägliche Bauernverband abgestraft wird.
Reiner Metzger ist stellvertretender Chefredakteur der Taz.
Endlich wehren sich die Milchbauern gegen viel zu niedrige Preise. Auch wenn die durch den Streik zurückgehaltenen Milchmengen bisher nur ein paar Prozent des Verbrauchs ausmachen, wird deutlich: Die Milchbauern lassen sich nicht mehr länger von Molkereien und Großabnehmern am Nasenring herumführen. Zwar sprach der deutsche Einzelhandel gestern von einem "absurden" Streik und ließ hochnäsig verlauten, zur Not werde man seine Milch eben im Ausland kaufen. Das mag zu einem gewissen Grad sogar möglich sein. Doch erstens wird das vermutlich teurer als der bisherige Einkauf in Deutschland. Und zweitens kann sich der Streik ja auch noch ausweiten. Die Milchbauern jedenfalls haben Wut genug: Wenn ihnen die Preise um ein Drittel gekürzt werden, so wie manche Molkereien es angekündigt haben, gehen ihnen jährlich die Einnahmen von vier Monaten verloren. Um das abzuwenden, kann man lange Milch wegschütten.
Der mächtige Deutsche Bauernverband (DBV) versucht, sich herauszulavieren. Er muss sich solidarisch zeigen mit den Milchbauern, weil die Misere offenkundig ist. Andererseits fürchtet er einen Erfolg des Streiks: Schließlich hat er jahrelang nichts erreicht. Zwar sitzen in den meisten Aufsichtsräten der Molkereien Verbandsvertreter, doch die Milchpreisdrückerei haben sie nicht unterbunden. So gründeten die Milchbauern nun eine eigene Organisation und handeln endlich ohne die taktischen Bremser des großen Bauernverbands. Sollten sie Erfolg haben, könnte das Schule machen: Es gibt diverse Sparten in der Landwirtschaft, die mit ihren Preisen nicht auskommen.
Zu Recht fürchtet der Bauernverband deshalb einen Aderlass. Das ist durchaus positiv: Endlich müssen Organisation und Mitglieder diskutieren, wofür sie wirklich stehen. Jahrzehntelang hat die Politik des DBV nur den Großen genutzt, der Umwelt geschadet und die Steuerzahler viel Geld gekostet. Deshalb kann man den ersten Bauernstreik im Land seit Menschengedenken nur begrüßen. Hoffentlich beteiligen sich viele Landwirte daran, damit die Preise nach oben gehen und die jetzigen Streikpioniere am Ende nicht die Dummen sind.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Musks AfD-Wahlempfehlung in der „Welt“
Rocky Horror Springer Show
Mögliches Ende des Ukrainekriegs
Frieden könnte machbar sein
Problematischer Vorstoß der CDU
Stigma statt Sicherheit
Reichtum in Deutschland
Geldvermögen auf 9,3 Billionen Euro gestiegen
Syrische Regierung und die Frauen
Sie sind zu Recht beunruhigt
Todesgefahr durch „Kugelbomben“
Bombenstimmung nach Silvester