■ Kommunizierende Ebenen: Brahms met Gipsy played Brahms
Man mag über das Konzept des „Musikfestes“ insgesamt geteilter Meinung sein – das Konzert „Brahms ungarisch“ in der Kunsthalle hatte fraglos ein besonderes.
„Authentizität und Spiegelung“ könnte man hochmögend als Motto formulieren, und zu hören war folgendes: Klassische MusikerInnen präsentierten Brahms, der in vielen seiner Kompositionen „ungarische Volksmusik“ zu spiegeln versuchte. „Ungarisch“ war in Brahms' Zeiten noch gleichbedeutend mit „Zigeunermusik“ – und eine der bekanntesten Sinti-Bands enterte dann konsequenterweise die Bühne des Vortragssaals in der Kunsthalle: Der Geiger Roby Lakatos und sein Ensemble.
Natürlich entfachten sie dort die zu erwartende Feuerwerksmischung aus Virtuosität und glühenden Blicken in's entzückte Publikum. Doch dann nahmen sie ihren „Klassifizierer“ selbst – eben Brahms – auf's Korn: Zum Beispiel seinen „Ungarischen Tanz Nr. 5“. Statt eines Sinfonieorchesters also eine, wenn man so will, „re-originalisierte“ Version, unter anderem mit Hackbrett und Gitarre – ein Volltreffer. Für die „Zigeunerlieder“ schließlich begnügte sich die Lakatos-Band mit der Begleitung der „Gesualdo“-Sängerinnen. Die fühlten sich durch diesen „support“ sichtlich animiert, schließlich war ihr „He, Zigeuner, greife in die Saiten ...“ tatsächlich mal dem Kunstsalon entwichen.
Noch ein Schmankerl für die Authentizitätssehnsucht: Roby Lakatos ist Urururururgroßenkel von Janos Bihari, der schon für romatisiertes Teufelsgeigertum stand, als Brahms noch Zukunft war. HB
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