Kommunismusdebatte: CSU will Linkspartei abschaffen
Die umstrittene Kommunismus-Äußerung der Linke-Chefin Gesine Lötzsch regt weiter auf. CSU-Generalsekretär Dobrindt will "unter Umständen" ein Verbotsverfahren anstrengen.
BERLIN taz | CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt, bekannt für markige Sprüche, will "unter Umständen auch ein Verbotsverfahren" gegen die Linkspartei wegen Gesine Lötzschs Kommunismusäußerungen anstrengen. Linke-Chef Klaus Ernst reagierte empört. Dobrindt müsse "diese demokratiepolitische Ungeheuerlichkeit aus der Welt schaffen". Es sei "nicht hinnehmbar, wenn der Manager einer Regierungspartei öffentlich darüber sinniert, missliebige Meinungen zu verbieten".
Lötzsch hatte in einem Text für die junge Welt geschrieben: "Die Wege zum Kommunismus können wir nur finden, wenn wir uns auf den Weg machen und sie ausprobieren, ob in der Opposition oder in der Regierung." Allerdings hat der Text als Ganzes einen anderen Zungenschlag. Er ist ein Plädoyer für eine reformistische Politik der kleinen Schritte - und damit das Gegenteil kommunistischer Umsturzideen.
Lötzsch wird am Samstag in Berlin bei einer Konferenz der dem Fundi-Flügel der Linkspartei nahestehenden Tageszeitung junge Welt auftreten. Das Blatt ist Sprachrohr des linken Parteiflügels - und Verbindungslinie zu dem DDR-Nostalgiemilieu, von dem sich die Linkspartei nie offensiv verabschiedet hat. Ulla Jelpke, Gründerin der parteiinternen Strömung "Antikapitalistische Linke" und mittlerweile Abgeordnete der Linken im Bundestag, war bei der Zeitung Inlandsredakteurin.
In dem Blatt veröffentlichen auch gelegentlich Ex-Stasi-Hauptamtliche. Chefredakteur Arnold Schölzel hat in den 80er Jahren Freunde wie den Bürgerrechtler Wolfgang Templin an die Staatssicherheit verraten. Er ist heute noch stolz darauf.
Am Samstag wird Lötzsch mit der früheren Terroristin Inge Viett und der DKP-Vorsitzenden Bettina Jürgensen über das Thema "Wo bitte gehts zum Kommunismus?" debattieren. Viett ist eine offensive Verteidigerin der Stasi. Vor einem Jahr schrieb sie in der jungen Welt, dass "die DDR-Staatssicherheit eine grundsätzlich legitime und notwendige Rolle gehabt hat." Der Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich äußerte im Deutschlandfunk differenzierte Kritik an Lötzschs Text. Dort gebe es viele brauchbare Vorschläge. Allerdings müsse Lötzsch, wenn sie mit einer Exterroristin und der DKP-Vorsitzenden auf einem Podium sitze, sich "klar von Verbrechen, die es im Namen des Kommunismus gab", distanzieren.
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