Kommunalwahlen in Spanien: Sozialisten abgemahnt
Rechtsruck in Spanien: Bei den Kommunal- und Regionalwahlen erzielt die PSOE von Ministerpräsident Zapatero das schlechteste Wahlergebnis seit 1975.
MADRID taz | Spaniens Sozialisten müssen eine enorme Schlappe einstecken. Bei den landesweiten Kommunalwahlen und Regionalwahlen in 13 Regionen erzielten die Sozialisten am Sonntag nur 27,8 Prozent der Stimmen. Das sind über 7 Prozentpunkte weniger als noch vor vier Jahren. Überragender Sieger ist die konservative Partido Popular (PP) mit 37,5 Prozent - 2 Prozentpunkte mehr als 2007.
Die PSOE von Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero verliert fast alle großen Städte - so auch Barcelona und Sevilla - und vier Regionen, darunter die Hochburgen Asturien und Castilla La Mancha. In Andalusien, wo nur Gemeinderatswahlen stattfanden, fielen alle großen Städte an die Konservativen. Es ist das schlechteste Ergebnis der sozialistischen PSOE seit dem Übergang Spaniens zur Demokratie 1975.
Die postkommunistische Vereinigte Linke (IU) erzielte landesweit 6,3 Prozent und legte damit knapp einen Prozentpunkt zu. Sie wird künftig wieder in die Regionalparlamente von Valencia, Castilla León und Extremadura einziehen. In Extremadura kann die PSOE mithilfe der IU knapp weiterregieren. Die Union für den Fortschritt und Demokratie (UpyD) der PSOE-Dissidentin Rosa Diéz zieht erstmals dank Madrid in ein Regionalparlament ein.
Sozialisten im Baskenland nur auf Platz 3
Für besonderes Aufsehen sorgen die Ergebnisse im Baskenland. Hier wurden nur Gemeinde- und Provinzräte gewählt. Erstmals nahm nach jahrelangem Verbot unter dem Namen Bildu (Sammeln) erstmals ein Wahlbündnis teil, in dem neben gemäßigten Nationalisten und Postkommunisten auch die Vertreter des politischen Umfeldes der Separatistenorganisation ETA vertreten sind. Bildu erzielte 25,5 Prozent und liegt damit knapp hinter der Baskisch-Nationalistischen Partei (PNV), die im Baskenland regierenden Sozialisten sind auf Platz 3 abgedrängt. Bildu wurde vom Verfassungsgericht genehmigt, nachdem ETA vor neun Monaten einen Waffenstillstand ausgerufen und sich ihr politisches Umfeld von der Gewalt losgesagt hatte.
"Das Ergebnis steht ganz klar in Zusammenhang mit der tiefen wirtschaftlichen Krise", erklärte Zapatero, der am Sonntagabend überraschend selbst vor die Presse trat. Die Wähler "haben uns abgestraft. Das war vorhersehbar. Wir nehmen das auf uns und verstehen das", sagte er.
Zapateros Regierung hatte im Lauf der Krise schwere Einschnitte bei den Sozialleistungen und dem Arbeitsrecht vorgenommen. Vergangenen September riefen die Gewerkschaften deshalb zum Generalstreik auf, und seit dem 15. Mai erlebt Spanien eine hauptsächlich von jungen Menschen getragenen Protestwelle. 20 Prozent der Erwerbsfähigen in Spanien sind ohne Arbeit, die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 45 Prozent.
Zapatero verzichtet auf dritte Amtszeit
Trotz der schlechten Wahlergebnisse lehnt Premier Zapatero vorgezogene Parlamentswahlen ab. Er will bis zum Ende seiner Amtszeit im Frühjahr 2012 regieren, kündigte aber den Verzicht auf eine dritte Amtszeit an. "Die Spanier fordern einen Urnengang", erklärte dagegen die Sprecherin der konservativen Partido Popular, Soraya Saenz de Santamaría. PP-Chef Mariano Rajoy begnügte sich darauf, seine jubelnden Anhänger vom Balkon der PP-Zentrale zu grüßen. Diese forderten auch lautstark die Räumung der Protestcamps im ganzen Land, die unter dem Motto "Echte Demokratie jetzt!" seit einer Woche in fast allen Städten Spanien stattfinden.
"Wir haben keine Einschätzung abzugeben. Die Parteien repräsentieren uns nicht", lautete die einzige offizielle Stellungnahme der Protestbewegung per Twitter. In dem Madrider Camp an der Puerta del Sol, das laut Plenarbeschluss "mindestens noch eine Woche" weiterbestehen soll, wird mit Hochdruck daran gearbeitet, die Bewegung auf die Stadtteile, Vorstädte und Dörfer der Region auszuweiten.
Am kommenden Samstag werden auf Dutzenden Plätzen Versammlungen stattfinden. "Wir werden das Ergebnis der Debatten hier auf der Puerta del Sol vorstellen und Meinungen einholen", erklärte einer der Sprecher, der von Anfang an mit dabei ist. Per Mail und Facebook wird rege debattiert, wie es weitergehen soll. "Wir müssen uns auf ein zentrales Thema verständigen", heißt es immer wieder. Dieses könnte die Reform des Wahlrechts sein.
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