Kommission zur Naziterror-Aufklärung: Die Suche nach den Schwachstellen
Bund und Länder setzen eine Kommission ein, die die Struktur der Behörden überprüfen soll. Welche Befugnisse sie dabei haben soll, ist aber noch unklar.

BERLIN taz | "Schwachstellen erkennen, benennen und beseitigen": So hat einer der Mitglieder der Bund-Länder-Kommission die Aufgabe des am Mittwoch eingesetzten Gremiums bei der Aufarbeitung des Neonaziterrors beschrieben. Unklar blieb jedoch, wie weitreichend die Kompetenzen der Kommission sein werden - und wie die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsausschüssen des Bundestags und des Thüringer Landtags in der Praxis aussehen wird.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte bei der Vorstellung der Kommission in Berlin, diese solle die durch die Untersuchungsausschüsse und den Thüringer Sonderermittler zu Tage beförderten Erkenntnisse "bündeln und zu einem Gesamtbild zusammenfügen".
Der ehemalige Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD), eines der vier Mitglieder der nun eingesetzten Bund-Länder-Kommission, machte jedoch klar, dass er mehr machen wolle als nur die Arbeit anderer Gremien auszuwerten. Man werde auch eigene Berichte anfordern und Gespräche führen, etwa mit Vertretern von Verfassungsschutzbehörden und Landeskriminalämtern.
Ziel sei es, Defizite in der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden auszumachen. Auf die Frage, wie die Kommission reagiere, sollten sich einzelne Länder verweigern, antwortete Körting: "Wenn die Kommission diesen oder jenen bestimmten Vermerk aus den Ländern anfordert, dann möchte ich den Innenminister sehen, der sagt: Den könnt ihr nicht haben." Kurzum: Eine Blockade wäre in seinen Augen politischer Selbstmord.
Gerichtsähnliche Befugnisse, Zeugen vorzuladen und Akten anzufordern, hat aber nur ein Untersuchungsausschuss. Der des Bundestags wird an diesem Donnerstag zu seiner ersten echten Sitzung zusammenkommen. Dabei sollen von allen fünf Fraktionen gemeinsam die ersten 38 Anträge gestellt werden. Es wird vor allem darum gehen, erste Akten von den Sicherheitsbehörden des Bundes anzufordern.
Bis die Akten vorliegen, so die Idee der SPD, könne man ja Sachverständige laden, die über die Entwicklung des Nachwende-Rechtsextremismus in den 90ern und die bisherige Struktur der Sicherheitsbehörden im Kampf gegen Neonazis berichten - sozusagen als Crashkurs für die Abgeordneten zum Start der Aufklärung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Familienreservierungen bei der Bahn
Völlig überzogene Kritik
Eskalation in Nahost
Israel muss Irans Volk schonen
Angriff auf den Iran
Weil Israel es kann
Veteranentag in Berlin
Danke für Euren Einsatz, Antifa Werkstatt
Antimilitaristisches Aktionsnetzwerk
Der nächste Veteranentag kommt bestimmt
Debatte um Wehrpflicht
Wehret der Pflicht