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Kommentatr zum Vatileaks SkandalVatikan entsorgt Skandal

Der Vatileaks-Skandal soll nur eine kleine Geschichte gewesen sein. Nach dem Prozess drängt sich aber ein anderer Eindruck auf.

D ie Wege des Herrn sind unergründlich – das zeigt jetzt auch wieder das von einem Vatikan-Gericht gesprochene Urteil gegen den früheren Kammerdiener des Papstes. Ein großer Skandal war es, der vor erst gut vier Monaten die römische Kurie erschütterte: Die einst gern mit dem Kreml in Sowjetzeiten verglichene Institution, aus der nie wirklich Relevantes nach außen drang, präsentierte sich auf einmal löchrig wie ein Schweizer Käse.

Die Rivalitäten, ja Feindschaften zwischen verschiedenen Seilschaften von Prälaten wurden plötzlich auf dem Marktplatz gehandelt: Viel wurde spekuliert, welcher Kampf vor allem um die ökonomische Macht des Vatikans im Gange war, wer da wem mit Enthüllungen zu schaden versuchte: die Partei des Vorsitzenden der italienischen Bischofskonferenz, Angelo Bagnasco, zum Beispiel dem Lager des Kardinalstaatssekretärs Tarcisio Bertone? Die Opus-Dei-Leute den Salesianern – oder umgekehrt?

Und jetzt sollen wir glauben, dass der große Skandal bloß eine ganz kleine Geschichte war: die Geschichte vom Butler. Von einem Mann, der zu intensiv den Einflüsterungen des Heiligen Geistes gelauscht hatte und sich angeblich ganz allein berufen fühlte, im Saustall Kurie auszumisten, getrieben von glühender Liebe zum Papst.

MICHAEL BRAUN

ist Italien-Korrespondent der taz und lebt in Rom.

Doch nach dem Prozess drängt sich ein anderer Eindruck auf: dass Papst Ratzinger und die Kurie die ganze Geschichte runterkochen und schnell zu den Akten legen wollen. Warum sonst wurde der Angeklagte jedes Mal unterbrochen, wenn er er über sein Kontaktnetz reden wollte? Nicht um Aufklärung ging es in diesem Verfahren, sondern einzig darum, den Skandal möglichst schmerzfrei und mit der gewohnten Diskretion zu beerdigen. Paolo Gabriele hat eine schnelle Begnadigung wirklich verdient: Willig spielte er bei dieser Prozessposse mit.

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Michael Braun
Auslandskorrespondent Italien
Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.
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3 Kommentare

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  • MF
    Manfredo Ferrari

    In der Tat wurde dieser Prozess in einer eher unüblichen Geschwindigkeit abgewickelt. Man sprach nur von der Schuld des Täters, nicht aber über seine Motivation. Es war sicher verwerflich, Hunderte von Dokumenten aus den päpstlichen Gemächern zu entwenden und den Medien zur Verfügung zu stellen. Paolo Gabriele hat aber aus einem inneren Drang heraus gehandelt. Er wollte Missstände anprangern. Von dieser spricht heute kein Mensch mehr.

    www.vatileaks.org

  • R
    Restmüll

    Vatikan entsorgt sich selbst.

     

    Was für eine Posse.

  • KK
    Karl K

    …den Skandal möglichst schmerzfrei und mit der gewohnten Diskretion zu beerdigen. Paolo Gabriele hat eine schnelle Begnadigung wirklich verdient: Willig spielte er bei dieser Prozessposse mit."

     

    Wieder alles dicht. Elegant , achtern un vörn.

     

    Das war schon mal anders.

    Als die Schlüssellochsotisse: knieender Papst, Hände dürerlike gefaltet:

    ".…aber Herr Adenauer, ich bin doch schon katholisch!" - ans Licht kam.

     

    Ja da dauerte es bis knapp in die Jetzt-Zeit! bis es dem heiligen Stuhl gelang,

    das Mädchen mit hohem C zu installieren, was - evangelisch war.

    Was auch den nachhaltigen Widerstand Roms gegen die Oekumene erklärt.

    Ja, da standen Polen und kleiner Ex-HJ-Junge aber tapfer, Hand in Hand zu sammen.

    Capitio!?