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KommentarDie Waffe Gewöhnung

Kommentar von Hanna Gersmann

Viele Verbraucher wollen kein Designerfood auf dem Teller. Die Gentechnik-Lobby stört das nicht. Sie versuchen trotzdem weter weiter Genmais und Co zu etablieren.

K anzlerin Merkel und ihre große Koalition wollen die Gentechnik fördern. Sie übergehen mit diesem Vorhaben die Bedenken von Wählern und Bauern, von Landbesitzern und Städtern. Das Gros der Bevölkerung will kein Designer-Essen auf dem Teller. Gut, dass viele jetzt nicht mehr mitspielen. Sie protestieren und nehmen sich Anwälte.

Bild: taz

Hanna Gersmann ist Redakteurin im Ressort Wirtschaft und Umwelt.

Nur haben die Rebellen ein Problem: Auf der anderen Seite steht die Gentechnik-Lobby. Die Agrarkonzerne wollen ihre aufwändig erforschte Gensaat mit Gewinn auf den Markt bringen. Die Branche gibt sich nicht so einfach geschlagen. Da säen nicht nur Gentech-Bauern illegal aus. Da wird auch mal US-Genreis aus Versehen mit herkömmlichen Chargen für europäische Supermärkte vermischt. Für die Unternehmen hat der Kontrollverlust einen hübschen Nebeneffekt: Gewöhnung. Mancher dürfte das Gefühl haben, dass sich die Gentechnik nicht aufhalten lässt und dass sie so schlimm auch gar nicht ist.

Es ist penetrant, wie die Saatgutfirmen ihre Interessen durchsetzen. Kürzlich hat der CSU-Verbraucherminister Seehofer vorsichtig eingeräumt, dass die Gentechnik Gefahren auf dem Acker birgt. Prompt stattete die amerikanische Botschaft dem Minister einen Besuch ab - und legte Beschwerde ein. Seehofer hatte erklärt, dass die Maissorte Mon 810 des US-Konzerns Monsanto Schmetterlingen und anderen Insekten zu schaffen machen könnte. Er bezog sich dabei auf Wissenschaftler. Und er hat bessere Kontrollen gefordert. Mehr nicht.

Dabei wäre nur ein Anbaustopp konsequent. In Österreich und anderen Ländern ist die Maissorte längst verboten. Seehofer und seine Chefin gehen zu leichtfertig mit den Risiken der Genpflanzen um. Juristen - dem Einfluss von Lobbyisten deutlich weniger ausgesetzt als Politiker - sind da schon weiter: Ein deutsches Gericht gab einem Imker jetzt Recht, der um die Qualität seines Honigs fürchtete. In der Nähe seines Bienenstocks wuchs Genmais. Es war zwar das erste Mal, dass sich die Richter auf die Seite der Genkritiker geschlagen haben. Doch diese dürfen künftig öfter auf Unterstützung der Gerichte hoffen.

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taz-Autorin
War von 2002 bis 2013 in der taz, leitete dort zuletzt das Inlandsressort. Jetzt gehört sie zum Büro die-korrespondenten.de im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin. Sie schreibt vor allem über Umwelt-, Verbraucher- und Wirtschaftspolitik.
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