Kommentar: Mandelsons böse Investoren
Gerne möchte die EU verhindern, dass sich neureiche Schwellenländer in Europas Kernindustrien einkaufen. Doch es sind Private-Equity-Fonds, die die Unternehmen systematisch plündern.
E U-Handelskommissar Peter Mandelson will neureiche Schwellenländer wie China, Russland und die Ölstaaten daran hindern, sich mit ihren gewaltigen Devisenreserven in europäische Schlüsselindustrien einzukaufen. Gestern brachte er dafür das Instrument der "goldenen Aktie" ins Spiel: Europaweit soll die EU-Kommission gemeinsam mit den betroffenen Mitgliedstaaten bei unerwünschten Unternehmensbeteiligungen ein Vetorecht ausüben können. Doch dieses Vorhaben ist höchst problematisch.
Denn auch Mandelson ist klar, dass die rechtlichen Grenzen für derart protektionistische Eingriffe eng gesetzt sind. Der Europäische Gerichtshof hat folgerichtig bislang alle Versuche von europäischen Regierungen für illegal erklärt, unerwünschte Investitionen mit Hilfe "goldener Aktien" zu stoppen. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn die nationale Sicherheit oder Belange des Allgemeinwohls gefährdet sind. Doch für diesen Sonderfall sind die Anforderungen so hoch, dass sie auch nicht für den Fall staatlicher ausländischer Investoren gelten dürften. Tatsächlich spielen Direktinvestitionen aus Schwellenländern in Deutschland heute praktisch keine Rolle. Dort, wo es sie gab, sind staatliche Investoren langfristig orientiert. So ist Kuwait seit über 30 Jahren am Daimler-Konzern beteiligt und hat seitdem alle Managementkapriolen von Edzard Reuter bis Jürgen Schrempp klaglos durchlitten. Doch es wird lieber über Staatsfonds lamentiert, während Private-Equity-Fonds systematisch Unternehmen plündern. 30 Prozent Renditeziel und Massenentlassungen, wie jüngst bei der Übernahme des Medienkonzerns ProSieben-Sat.1 durch die Investoren Permira und KKR verkündet, sind allerdings eine realere Gefahr für Unternehmen und Beschäftigte.
Der Wunsch, wenige Schlüsselindustrien unter besondere staatliche Aufsicht zu stellen, so wie es die USA oder auch Frankreich längst praktizieren, ist verständlich. Doch eine Regulierungswut ist programmiert, wenn man dafür einen Zwei-Klassen-Wettbewerb installiert, um zwischen "guten" und "bösen" Investoren zu unterscheiden: Das schadet dem Wettbewerb am Ende mehr, als dass es ihm nützt.
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