Kommentar: Verkauf von Idealen

Auch wenn ein Wachstum der Bio-Branche wünschenswert ist - der Discounter Lidl ist eine schlechte Partnerwahl. Denn Bio-Konsumenten sind wachsam und kritisch.

Trotz des großen Hypes um Ökoprodukte: 97 Prozent aller deutschen Lebensmittel stammen noch immer aus konventionellem Anbau. Ein kräftiges Wachstum ist für die Biobranche darum ohne Frage weiterhin wünschenswert. Neue Geldgeber sind dafür hilfreich. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass sich Basic, die Nummer zwei unter den Biosupermarktketten, nach einem möglichst starken Partner umsieht.

Mit der Lidl-Schwarz-Gruppe hat Basic allerdings die denkbar schlechteste Wahl getroffen. Die Firmenphilosophien stehen sich diametral entgegen: Während Basic auf Service, Transparenz, Regionalität und Verantwortung setzt, steht Lidl laut eigenem Werbeslogan ausschließlich für "billig" - und zwar, wie Kritiker monieren, um jeden Preis. Nun wird Lidl nicht so dumm sein, die eigene Philosophie eins zu eins auf Basic zu übertragen und damit die Marke zu zerstören. Aber dass Profitmaximierung künftig eine wichtigere Rolle spielen wird, ist absehbar - ebenso wie die Folgen für Qualität von Produkten und Arbeitsbedingungen.

Auch der Biomarkt als Ganzes kann sich durch die geplante Basic-Übernahme verändern. Mit der eigenen Lidl-Biomarke und der neuen Basic-Kette entwickelt sich der Discounter zu einem zentralen Akteur, der mit seiner Marktmacht Preise und Herkunft von Bioprodukten bestimmen kann. Für regionale Lieferketten und verlässliche, langfristige Verträge sieht es dann eher schlecht aus.

Doch selbst wenn sich bei Basic durch den Lidl-Einstieg tatsächlich nichts ändern sollte, wie die Basic-Geschäftsführung reichlich naiv verspricht, werden manche KundInnen um die Geschäfte vermutlich künftig trotzdem einen Bogen machen. Denn in Bioläden kaufen viele kritische KonsumentInnen ein, die sich durchaus Gedanken darüber machen, in wessen Kasse ihr Geld am Ende landet. Die Lidl-Schwarz-Gruppe gilt als Inbegriff für schikanöse Arbeitsbedingungen, mangelnde Transparenz und Preisdumping. Das wird alle diejenigen abschrecken, die sich mit dem Ausverkauf der Ideale des Biogedankens nicht anfreunden können.

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Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

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