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KommentarZweifelhaftes Wirtschaftswunder

Wachstum, das sich allein auf den Export stützt, kann nicht von Dauer sein. Die Löhne müssen steigen.

D er Begriff "Aufschwung" genüge nicht, kommentierte Frank-Walter Steinmeier kürzlich die deutschen Wachstumsraten zu Jahresbeginn. Stattdessen wollte der SPD-Außenminister gleich vom "dritten deutschen Wirtschaftswunder" sprechen, ermöglicht - wie könnte es anders sein - durch die rot-grüne Reformpolitik.

Bild: taz

Malte Kreutzfeldt (35) ist Leiter des taz-Ressorts Ökologie & Wirtschaft.

Nun ist es um dieses Wunder schon wieder geschehen: Auf 0,3 Prozent hat sich das Wachstum im zweiten Quartal abgeschwächt; im Jahresvergleich legte die Wirtschaft nur noch um 2,5 Prozent zu. Getragen wird das Wachstum weiterhin fast nur von den boomenden Exporten, während die Binnennachfrage auf niedrigem Niveau stagniert. Dieses Missverhältnis kritisieren linke Ökonomen schon lange.

Deutschland hinkt im internationalen Vergleich nicht nur bei staatlichen Investitionen in Bildung und Infrastruktur hinterher. Auch ein Blick auf die Tarifpolitik zeigt das Problem: Die Einkommen der Beschäftigten sind im ersten Halbjahr 2007 um 2,3 Prozent gestiegen. Bei einer Inflationsrate von 1,8 Prozent bleibt davon ein reales Plus von einem halben Prozent übrig - von dem in vielen Fällen zudem gestrichene Leistungen und Steuervorteile abgehen.

Ein Wachstum, das allein auf den Export setzt, verweigert der Mehrheit der Menschen die Teilhabe am Aufschwung und ist zudem riskant. Neben dem starken Euro und den weltweiten Konjunkturschwankungen zeigt gerade die aktuelle Krise an den Kapitalmärkten, dass es nicht ratsam ist, sich allein auf die Weltwirtschaft zu verlassen - und dementsprechend vor allem auf Kostensenkungen zu setzen.

Den Bundesverband der deutschen Industrie hält das freilich nicht davon ab, ein "Weiter so!" zu fordern. Das ist nicht verwunderlich: Während die Einkommen der Beschäftigten von 2000 bis 2006 um gerade mal 4 Prozent stiegen, legten die Unternehmens- und Vermögenseinkommen um knapp 40 Prozent zu. Und dieses "Wirtschaftswunder" kann sich die Politik tatsächlich auf die Fahnen schreiben.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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1 Kommentar

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  • MM
    Marion Manneck

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    Im Jahr 2000 hat die EU beschlossen, die Einkommen um 30 % zu senken. In Deutschland hält man immer noch daran fest, während andere Arbeitgeber und Regierungen erkannt haben, ohne die Binnennachfrage geht es nicht mit dem Aufschwung und dem Erhalt des Standarts. In allen Ländern um uns herum steigen die Löhne kräftiger und die Arbeitsbedingungen wurden nicht zurückgeschraubt.