Kommentar: Das Schweigen der Ministerin
Von Ursula von der Leyen, verantwortlich für die Bundesprogramme gegen Rechts, ist nach der Hetzjagd von Mügeln nichts zu hören. Sie hat aus Förderung einen Wettbewerb gemacht - ein Fehler.
D ie zuständige Ministerin schweigt. Politiker aller Bundestagsparteien verurteilen die rechte Gewalt in Ostdeutschland, fordern mehr demokratisches Engagement und reden über den vielerorts gescheiterten Aufbau einer demokratischen Zivilgesellschaft. Nur von Ursula von der Leyen, verantwortlich für die Bundesprogramme gegen rechts, ist bislang noch nichts zu hören.
Ralph Bollmann ist Ressortleiter Inland der taz.
Was sollte sie auch sagen? Schließlich war es ihr Ministerium, das die jetzt verstärkt geforderten Programme gerade erst zurechtgestutzt hat. Vor sieben Jahren im Zuge des "Aufstands der Anständigen" gestartet, hatten die Fördergelder eine zwar längst nicht ausreichende, aber immerhin flächendeckende Arbeit ermöglicht. Von der Leyen machte daraus eine Förderung, um die sich Kommunen bewerben konnten wie bei einem Wettbewerb. Das Geld floss folglich dorthin, wo sich eine umtriebige Verwaltung ohnehin schon der Probleme annahm. Am nötigsten wäre die Unterstützung dort, wo die Lokalpolitik die Schwierigkeiten leugnet. Solche Kommunen aber gehen leer aus, wie im aktuellen Fall des Kreises Torgau-Oschatz - weil sie im Umgang mit dem Problem überfordert sind.
Die Förderung von "Leuchttürmen" ist bei der Ansiedlung von Firmen oder der Förderung von Wissenschaft sinnvoll. Bei der Grundversorgung mit Gütern wie Demokratie und Gewaltfreiheit ist sie es nicht. Auch im Fall des Kita-Programms, das die Ministerin mit solcher Leidenschaft verficht, besteht sie aus gutem Grund auf einem flächendeckenden Ausbau - und sie hört niemals auf, hartnäckig dafür zu werben.
Beim Thema Rechtsextremismus aber praktiziert die Politik neben dem räumlichen auch ein zeitliches Leuchtturmprinzip: Geredet wird darüber nur, wenn ein besonders spektakulärer Vorfall Anlass dazu gibt. Einzelne Verletzte, die es in der ostdeutschen Provinz im Alltag ständig gibt, genügen dafür längst nicht mehr. Dabei reicht die Aufgabe über die Förderung von Initiativen gegen rechts weit hinaus, und es ist eben nicht allein die Polizei gefordert. Deshalb wäre es ganz falsch, die Kompetenz für die Programme wie jetzt vorgeschlagen ans Innenministerium zu übertragen.
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