piwik no script img

KommentarPR gegen kritische Presse

Kommentar von Klaus Raab

In der Diskussion über manipulative Werbe-Strategien des Familienministeriums wird deutlich: viele PR-Agenturen arbeiten gegen die journalistische Unabhängigkeit.

Die Diskussion wird neu geführt - und das ist notwendig. Doch das Thema ist alt: die PR-Arbeit von Ministerien. So hat das Bundesfamilienministerium nach Einführung des Elterngeldes, zwischen Januar und März, fertige Radiobeiträge und Zeitungsartikel über zwei PR-Agenturen an Redaktionen schicken lassen. Darin wurde für das Elterngeld geworben. Und manche Redaktion hat das Werbematerial dann auch verwendet - wörtlich und ohne darauf hinzuweisen, wer der wahre Urheber der Beiträge ist.

Das Ministerium ist daraufhin in die Kritik geraten. Es werde manipuliert statt informiert, befand etwa der Deutsche Journalisten-Verband. Das Problem im konkreten Fall liegt jedoch vor allem bei den Redaktionen selbst. Ist es Faulheit oder der Mangel an Kapazitäten, der JournalistInnen dazu bringt, Beiträge eines Ministeriums unbearbeitet zu übernehmen? Oder ist es, was noch schlimmer wäre, mangelndes Bewusstsein der Notwendigkeit, zwischen redaktionellen und Werbeinhalten zu trennen?

Für den Mangel an Ressourcen spricht, dass vor allem kleine Privatsender und Lokalredaktionen die PR-Beiträge übernommen haben. Dass vielen JournalistInnen aber auch das Problembewusstsein fehlt, ist zu befürchten. Wie könnte man sonst ein als PR-Mitteilung lanciertes Schreiben unbearbeitet oder unkommentiert verwenden? So mangelhaft können die Ressourcen nicht sein.

Hinzu kommt: Der vorliegende Fall belegt eine problematische Entwicklung. PR-Agenturen setzen immer gezielter darauf, Inhalte im redaktionellen Teil der Medien zu platzieren - und nicht im Anzeigenteil. Das mag man für ihren Job halten. Doch dieses Verhalten richtet sich gegen die journalistische Unabhängigkeit. Darf ein Ministerium Steuergelder ausgeben, um die eigenen politischen Inhalte öffentlich zu machen? Sicher. Soll das aber auf diese Art geschehen? Natürlich nicht. Gerade Vertreter von Ministerien sollten sich im Klaren darüber sein, wie wichtig eine unabhängige Presse ist - und unterbinden, dass PR-Agenturen so manipulativ vorgehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • FW
    Frank Wälscher

    Welch süßer Duft doppelter Moral. Was ist denn mit den sogenannten unabhängigen Redaktionen, die mit einem Bericht wedeln, wenn man denn nur eine Anzeige schaltet? Wie sieht es denn auf Redaktionsseite aus, wenn man denn unbedingt einen Lithokostenzuschuss für Fotos benötigt? Und was passiert, wenn einem ein zugesagter Bericht rausgenommen werden muss, weil gerade der "andere" eine Anzeige geschaltet hat? Wer greift dieses Thema denn mal auf?

     

    Mit freundlichem Gruß

    Frank Wälscher

  • W
    Wester

    Geehrte Redaktion,

     

    Sie haben Recht mit dem, was Sie schreiben, und Unrecht darin, das Andere zu verschweigen, nämlich: Der Leser, Hörer und Zuschauer mag nicht für journalistische Qualität bezahlen.

     

    Warum? Erstens meint er, das Geld dafür nicht übrig zu haben - Geiz ist geil!

    Zweitens kann er die Spreu nicht vom Weizen trennen und somit nicht den Wert erkennen, den guter Journalismus für ihn hat. Aus dem selben Grund, nämlich Unwissen, kauft er Gammelfleisch, lebensgefährliche Konsumgüter und baufällige Häuser.

     

    Das Problem, dass der Kunde die redaktionelle Leistung nicht honoriert, kennen alle Chefredakteure, mit denen ich zu tun hatte; neben dem Ärgernis, dass nicht Journalisten, sondern Buchhalter seit Jahren die Budgets der Redaktionen festlegen.

     

    Was ist für Sie zu tun? Schreiben Sie eine Serie darüber, woran Leser, Hörer und Zuschauer guten Journalismus erkennen, was sie davon haben und was der Mehrwert kosten muss - und halten Sie sich dann an die proklamierten Maßstäbe.

     

    Mit bestem Gruß

    Jörg Wester