Kommentar: Opposition, nur wofür?
Im Vorstand der Grünen-Fraktion ist der linke Flügel nicht mehr vertreten. Die Partei streitet um ihren künftigen Kurs.
Plötzlich reiben sich alle verwundert die Augen. Bei den Grünen gibt man die Rückkehr der Flügelritter. Droht da gar, fragt mancher besorgt, ein Rückfall in die 80er- und 90er-Jahre?
Das nicht. Heute geht es nicht mehr um die Frage, ob regiert werden darf, sondern mit wem. Doch da sind die Fronten wirklich verhärtet. Rot-Grün oder Rot-Rot-Grün meinen die Linken. Die Realos spielen das Jamaika-Blatt und ärgern sich über den plötzlichen Gegenwind. Die inhaltliche Vielfalt, die den Grünen bei der letzten Wahl zum Höhenflug verhalf, ist nun zum bitteren Streit über den künftigen Oppositionskurs geworden.
Was die Lage verschärft: Beide Lager können sich auf ihre Wähler berufen - und haben Recht. Eine alternativ-bürgerliche Klientel hat Fraktionschef Volker Ratzmann in Prenzlauer Berg zum Direktmandat verholfen. In Kreuzberg siegte der Linke Dirk Behrendt mit traditioneller Widerspenstigkeit. Beides ist Ausdruck eines grünen Wählerspektrums, das freilich selbst nicht mehr so recht weiß, wo die Partei hinsoll. Die Auflösung parteipolitischer Gewissheiten hat nicht nur SPD und CDU getroffen, sondern auch die Grünen.
Umso problematischer ist allerdings das frühzeitige Einschwören der Grünen auf Jamaika. Die Grünen waren immer dann stark, wenn sie mit Konzepten die richtigen Fragen zur richtigen Zeit stellten. Jamaika dagegen stellt die Politik in den Dienst der Taktik. Das können andere besser.
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