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KommentarMeinungsfreiheit kennt Grenzen

Berlins Datenschutzbeauftragter hat ein Bußgeld gegen das Internetprotal meinprof.de verhängt - zu Recht.

Niemand ist unfehlbar - auch oder gerade Uni-Professoren nicht. Darum ist es ein berechtigtes Interesse, wenn Studenten ihr eigenes Onlineportal haben, auf der sie anonym Lehrveranstaltungen und deren Dozenten bewerten dürfen. Doch jede Meinungsfreiheit hat ihre Grenzen. Auch das Internet ist kein rechtsfreier Raum.

Der Datenschutzbeauftragte hat zu Recht die zügellose Kritikwut auf dem Onlineportal MeinProf.de in die Schranken gewiesen. Die Betreiber sind aufgefordert, alle öffentlich an den Pranger gestellten Profs schriftlich vorab zu informieren. Zudem dürfen sich nur jene Studenten ein Urteil erlauben, die tatsächlich schon einmal eine Veranstaltung des Dozenten besucht haben.

Die Professoren postalisch zu informieren dürfte für die Betreiber des Portals die kleinste Hürde sein. Immerhin sind sämtliche Dozenten der Bundesrepublik auf der MeinProf-Webseite bereits fein säuberlich und alphabetisch sortiert aufgelistet. Da kann ein Rundbrief nicht das Problem sein.

Komplizierter dürfte der Nachweis sein, wer den Dozenten tatsächlich schon live erlebt hat. Doch mit technischer Raffinesse müsste auch dieses Problem für die Betreiber zu lösen sein. Über einen Code könnten zum Beispiel nur diejenigen Zugang zu einem Bewertungsportal erhalten, die als Veranstaltungsteilnehmer registriert sind. In anderen Städten gibt es dieses Verfahren bereits.

Es bleibt ein weiterer bitterer Nachgeschmack. Denn ein Blick auf das Portal zeigt: Gerade einmal 2 Prozent der Studierenden haben bisher eine Bewertung abgegeben. Das ist zwar nicht die Schuld der Betreiber, doch bei gerade 10 bis 15 Bewertungen pro Prof drängt sich der Verdacht auf, dass sich vor allem Frustrierte zu Wort gemeldet haben. Repräsentativ ist diese Bewertung nicht.

Gegen Feedbacks ist nichts einzuwenden. Damit müssen auch Professoren leben. Wenn sie aber dazu genutzt werden können, Dozenten böswillig zu verleumden, geht der Persönlichkeitsschutz vor.

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2 Kommentare

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  • TK
    Thomas Kilian

    So einen Unsinn wie diesen Kommentar habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Lehrer und Profs müssen sich damit abfinden, dass sie für ihre Klienten so was wie relative Personen der Zeitgeschichte sind, wie Vereinsvorstände in einem Dorf etwa. Gegen Verleumdungen gibt es entspechende Paragraphen im Strafgesetzbuch. Man müsste lediglich sicherstellen, dass die Kommentatoren im Zweifelsfall identifizierbar sind. Dass eine solche Seite nicht "repräsentativ" ist, weiß jeder Nutzer einer solchen Seite, wie jeder Zeitungsleser weiß, dass die Meinung von Felix Lee oder von mir nicht "repräsentativ" ist. Dennoch haben wir das Recht, sie zu äußern.

  • CK
    Carlos Katins

    Der Kommentar vermengt zwei Fragen, die strikt zu trennen sind:

     

    1. Wie sollte eine gute Internetseite zur Evaluierung von Professoren gestaltet sein.

     

    2. Unter welchen Voraussetzungen sollte der Staat mit Zwangsmassnahmen gegen die Betreiber einer Internetseite vorgehen.

     

    Ja, MeinProf ist derzeit kein verlaessliches Mittel zur Evaluierung der Leistung von Professorinnen und Professoren. Die geringe Beteiligung von Studierenden und die Anfaelligkeit fuer Manipulationen sind hierfuer der Grund.

     

    Aber dies ist noch lange keine Rechtfertigung fuer staatliches Einschreiten. Es ist gerade die Basis der Meinungsfreiheit, dass der Staat sich nicht anmasst, die Qualitaet der geausserten Meinung zu bewerten.

     

    Es ist erstaunlich, wenn gerade ein Journalist eine Beschraenkung der Meinunsfreiheit fordert, der doch selbst von ihr profitiert (bzw. von der artverwandten Pressefreiheit). Niemand kaeme auf die Idee, eine Zeitung mit einem Bussgeld zu belegen, weil sie nicht ausgewogen berichtet, nicht sicherstellen kann, dass das Geschriebene tatsaechlich von Augenzeugen verfasst wurde, oder weil sie einfach dumme Meinungen veroeffentlicht. Auch wird die taz wohl nicht an jeden, ueber den sie berichtet, eine Mitteilung versenden.

     

    Die freie Rede ist der Grundsatz - jede Einschraenkung bedarf einer Rechtfertigung. Der Berliner Datenschutzbeauftragte und der ihm zustimmende Kommentar drehen dies um.

     

    In den USA, woher die Idee, Professorinnen und Professoren im Internet zu bewerten, stammt, werden solche Konflikte viel pragmatischer geloest: Unter dem Titel "Professors Strike Back" veroeffentlichen Professorinnen und Professoren Videos, in denen sie ihren Studierenden kraeftig die Meinung geigen.

     

    In Deutschland wuerden sie dafuer womoeglich ein Bussgeld bekommen.