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KommentarWie man eine Stadt kaputt macht

Waltraud Schwab
Kommentar von Waltraud Schwab

In Berlin gibt es zu viele Einkaufszentren.

So läuft jemand rum, der vom Einkommen kommt. Bild: AP

B ekannt ist: In Berlin haben die Menschen weniger Geld als im Rest der Republik. Ihre Kaufkraft lag 2007 ein gutes Drittel unter der der MünchnerInnen. Und im Vergleich zu Hamburg und Köln haben BerlinerInnen immer noch ein Viertel weniger im Portemonnaie. Diese schlechte Ausgangslage hindert die Investoren nicht, Berlin mit Einkaufsfläche ohne Ende zu bestücken. Am schlimmsten ist es mit den Shoppingmalls. 58 gibt es im Stadtgebiet, 15 im Umland dazu. Köln hat nur acht Shoppingcenter, München gar nur drei. Einkaufszentren en masse, gepaart mit einer armen Bevölkerung: Diese Mischung ist fatal.

Hauptstadt der Shoppingcenter

In Berlin gibt es zu viele Läden und Einkaufszentren: Nach dem enormen Zuwachs in den vergangenen Jahren wird mittlerweile ein Überhang von mehr als einer halben Million Quadratmeter Ladenfläche verzeichnet, für die es keine Kaufkraft gibt, wie aus einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur hervorgeht. Allein im vergangenen Jahr sei die Verkaufsfläche in der Hauptstadt um rund 215.000 auf etwa 4,56 Millionen Quadratmeter angewachsen. Fast die Hälfte des Zuwachses entfiel nach Angaben des Handelsverbands Berlin-Brandenburg auf Shoppingcenter. Berlin führt damit bundesweit: Es gibt 58 dieser Center. Bis 2010 soll die innerstädtische Verkaufsfläche sogar noch mal um 20 Prozent anwachsen. "Was da passiert, stimmt uns mit Sorge", sagt Rolf Pangels vom Handelsverband BAG, der vor allem den Einzelhandel in Deutschlands Innenstädten vertritt. "Wir fragen uns, wer da noch alles einkaufen soll." Der BAG rechne mit einer enormen Verschärfung des Wettbewerbs - zulasten der kleineren Unternehmen. "Für kleine inhabergeführte Geschäfte wird der Druck immer stärker." DPA

Wer in einem Berliner Shoppingcenter war, weiß, wie es in den anderen aussieht. Überall sind die gleichen Franchise- und Supermarktketten. In Berliner Einkaufszentren wird die Bevölkerung mit globalisiertem Konsumgut terrorisiert. "Am billigsten" steht dabei in der Kategorie der Superlative ganz oben. Für den letzten Ramsch wird den Leuten das Geld aus der Tasche gezogen. Viele Einkaufscenter-Junkies merken es nicht. Andere sparen nicht freiwillig, sie müssen ja sparen.

Wer aber etwas merken müsste, das sind die, die die Entwicklung der Stadt im Senat steuern. Denn der Run auf die Shoppingcenter trägt nicht nur zur Verdummung der Bevölkerung bei. Er zerstört auch die Kieze. Kleine Geschäfte - und damit informelle Anlaufstellen - können sich nicht halten, die Inhaber werden zu Hartz-IV-Empfängern. Der Schwatz vor dem Bäckerladen ist längst passé - es gibt ja kaum noch Bäcker. Eine lebens- und liebenswerte Stadt kann aber auf die soziale Mikrostruktur intakter Nachbarschaften nicht verzichten. Auf weitere Einkaufszentren schon.

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Waltraud Schwab
taz-Redakteurin
Seit 2002 bei der taz, erst im Lokalteil, jetzt in der Wochentaz. 2005 mit dem Theodor-Wolff-Preis ausgezeichnet für die Reportage „Schön ist das nicht“, 2011 wurde die Reportage „Die Extraklasse“  mehrfach prämiert. 2021 erschien ihr Roman "Brombeerkind" im Ulrike Helmer Verlag. Es ist ein Hoffnungsroman. Mehr unter: www.waltraud-schwab.de . Auch auf Twitter. Und auf Instagram unter: wa_wab.un_art

1 Kommentar

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  • VV
    Volker Vonsen

    Die Ausdruckswahl ist durchaus mangelhaft: ich fühle mich eher durch andere Begebenheiten "terrorisiert" als durch Shopping-Malls. Zugegeben, sie sind meißtens langweilig, aber vielleicht sollte der Autor mal von den Achtzigerjahre-Kampfausdrücken Abstand nehmen.