Kommentar: Buschkowsky liegt neben der Spur
Wer will, soll sein Kind früh in die Kita schicken dürfen - wer das aber nicht will, soll das auch nicht tun müssen. Sonst wäre das eine krasse Missachtung von Elternrechten.
Kita-Pflicht im letzten Jahr vor der Schule, für knapp Fünfjährige? Eine prima Idee, um den Übergang fließender zu gestalten. Kita-Pflicht aber schon für Einjährige, wie sie Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) fordert? Eine krasse Missachtung von Elternrechten. Wer will, soll sein Kind früh in die Kita schicken dürfen - wer das aber nicht will, soll das auch nicht tun müssen.
Unbestreitbar würde Buschkowskys Vorstoß jenen Kindern helfen, bei denen jede Stunde daheim eine verlorene ist, jede in einer Bildungseinrichtung hingegen eine gewonnene. Unbestreitbar gibt es Eltern, die sich schlicht nicht um ihre Kinder kümmern. Für diese Kinder ist dann bildungsmäßig der Zug oft schon abgefahren, wenn sie mit fünfeinhalb bis sechseinhalb Jahren in die Schule kommen. Dass darf der Staat tatsächlich nicht hinnehmen.
Daraus aber eine Maßnahme abzuleiten, die alle Eltern trifft und die meisten zu Unrecht, ist falsch. So wie es Elternrechte gibt, gibt es auch Elternpflichten. Die muss der Staat besser kontrollieren, auch wenn das in der Praxis oft schwierig ist, wie sich gerade in den aufsehenerregenden Fällen von Kindesvernachlässigung gezeigt hat.
Fraglich ist ohnehin, warum Buschkowsky und Wowereit überhaupt an eine Pflicht denken, statt weiter auf die stetig ausgedehnte Kita-Gebührenfreiheit zu setzen. Das verwundert insofern, weil der SPD-Bildungssenator bereits von wachsenden Kita-Zulauf seit Beginn dieser Reform gesprochen hat. Die SPD scheint hier ihrem eigenen Konzept nicht zu vertrauen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polizeigewalt beim AfD-Parteitag
Unverhältnismäßig und unnötig
Protest gegen AfD-Parteitag
Hart im Widerstand
Debatte um Ausbürgerung
Remigration setzt sich in den Köpfen fest – sogar in grünen
Aufwachsen in der Provinz
Keine Heimat
AfD-Parteitag
Viel Verdrängung und ein Kniefall vor Höcke
Weidel zur AfD-Kanzlerkandidatin gewählt
Radikal und rassistisch