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KommentarMehr Verbote, bitte

Malene Gürgen
Kommentar von Malene Gürgen

Der Senat will einen landesweiten Leinenzwang einführen - das ist noch lange nicht genug.

Bald in der ganzen Stadt: Leinenzwang Bild: dpa

D er Görlitzer Park soll drogenfreie Zone werden, auf den meisten anderen Grünflächen dieser Stadt darf schon längst nicht mehr gegrillt werden, ein CDU-Abgeordneter fordert das Verbot nächtlichen Alkoholverkaufs, und Clubs müssen reihenweise aufgrund von Lärmauflagen schließen: Ein Gespenst geht um in Berlin, das Gespenst der Verregelung, und das ist ziemlich hässlich. Statt darauf zu setzen, dass sich etwa ParknutzerInnen untereinander verständigen, entscheidet man sich für Verbote, Kontrollen und Strafen. Das ist keineswegs nur für junge Partygänger problematisch, denn es geht hier um viel mehr als nur den Verlust von ein bisschen Spaß: Es geht um den Verlust von Freiheit – nicht die Freiheit, immer und überall genau das tun zu können, was man gerade will, sondern die Freiheit, sich mit den Menschen um einen herum über das Zusammenleben zu verständigen, statt sich dieses von oben diktieren zu lassen. Diese Freiheit der Unverregeltheit gilt es zu verteidigen, überall in der Stadt.

Es gibt nur eine Ausnahme. Hunde.

Hippieske Seifenblasen

Hunde, die vor meine Haustür kacken. Hunde, die sich über meinem Handtuch trockenschütteln. Hunde, die mich fast umwerfen beim Versuch, ihre Zunge in mein Gesicht zu bekommen. Schon klar: Das Problem sind nicht die Hunde, die können ja nichts dafür, die sind halt so. Das Problem sind ihre HalterInnen. Versuchen Sie mal, mit Leuten zu reden, die ihren kalbsgroßen Köter „Prinzessin“ nennen. Sich mit den Menschen um einen herum verständigen, die Freiheit der Unverregeltheit – hippieske Seifenblasen, die bei der Begegnung mit Herrchen und Frauchen schneller zerplatzen, als das Grillgut vor Prinzessin in Deckung gebracht werden kann. Der will doch nur spielen? Ich aber nicht. Das ist ein ganz Lieber? Mir egal, er stinkt trotzdem. Ich mach das ja gleich weg? Das will ich aber auch schwer hoffen.

Gute Nachrichten

Deshalb: Für HundehalterInnen braucht es Verbote, Kontrollen und Strafen, je mehr, desto besser. Dass man am Schlachtensee vielleicht schon bald endlich wieder baden kann, ohne von haarenden, sabbernden Tieren belästigt zu werden, ist eine ausgezeichnete Nachricht. Genauso wie der Vorstoß, einen landesweiten Kotbeutel- und Leinenzwang einzurichten. Wobei: Wer da Tierquälerei schreit, hat eigentlich recht, so ein Tier muss sich bewegen können. Also, die Lösung liegt auf der Hand: Macht aus dem Leinenzwang ein landesweites Hundeverbot, bitte.

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Malene Gürgen
Reportage und Recherche
Redakteurin im Ressort Reportage&Recherche | Jahrgang 1990 | Seit 2014 Redakteurin der taz, zunächst im Berlinressort | 2016-2020 schwerpunktmäßig Recherchen zur extremen Rechten, dazu 2019 "Angriff auf Europa" im Ch. Links Verlag erschienen (mit C. Jakob, P. Hecht, N. Horaczek, S. am Orde) | 2020-2022 als Produktentwicklerin verantwortlich für die Konzeption der wochentaz | 2022-2023 Redakteurin im Ressort Zukunft – Klima Wissen Utopien | Seit 2023 im Investigativteam der taz.
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7 Kommentare

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  • Ich stimme Matze definitiv zu! Es sind nicht die Tiere, die sich selber erziehen, sondern die Menschen, die diese erziehen. Zumindest erziehen sollten. Ich mag ebenfalls die Art Menschen nicht, die sich nicht über Ihre Verantwortung im Klaren sind. Es gibt reichlich Seiten wie z.b. //http://www.welpen-erziehen.eu wo auch Laien genug Informationen herholen können, wie aus Ihren Tier ein gesellschaftsfähiger Hund wird.

  • @Frau Malene Gürgen: Sie scheinen mit Tieren nichts anfangen zu können und Hunde nicht zu mögen. Hunde sind großartige Lebewesen und richtige Freunde!

    • @Agathe:

      Einige meiner besten Freunde sind Hunde...

  • Naja, man muss Hunde nicht mögen. Oder Menschen, die Hunde nicht mögen. Nicht mal Menschen, DIE Hunde mögen. Oder die andere Menschen nicht mögen. Also alles gut.

     

    PS: Ich mag Hunde, hab auch einen, mag manche Menschen nicht, die Hunde mögen, aber dafür andere, die Hunde nicht ausstehen können.

  • Auch nach mehrmaligem Lesen erschließt sich mir nicht so recht, ob Marlene Gürgen das, was sie da schreibt, ernst meint, oder ob es sich um Satire handelt. Letztere darf selbstverständlich alles, aber sie hat wahrscheinlich ihr Ziel verfehlt, wenn sie nicht als solche erkannt wird. Der Vorredner ONION hat da offenbar auch so seine - nachvollziehbaren - Probleme. Denn nicht wenige Zeitgenossen argumentieren tatsächlich so - wir sind absolut für die Freiheit, aber für Hundehalter können die Gesetze gar nicht streng genug sein (das Wort "Hundehalter" bei Bedarf ersetzen durch "Radfahrer", "Kinder", "Migranten" oder eine andere Zielgruppe Ihrer Wahl).

     

    Sollten Ihre Ausführungen tatsächlich ernst gemeint sein: Dass man jedwede Art von Verregelung ganz exakt auf dem gleichen Weg rechtfertigen kann, ist Ihnen hoffentlich klar, liebe Frau Gürgen.

  • Die Autorin hat eine Aversion gegen Hunde und findet daher auch die übertriebene Verbote richtig toll... findet aber Verbote von Drogenkonsum und Grillorgien in öffentlichen Parks sowie Alkoholverkaufseinschränkungen blöde. Wenn dann bitte richtig, denn das kann ja auch ganz schön nerven. Aber das wäre alles nicht notwendig, wenn die Menschen sich nicht immer so egoistisch verhalten würden und auch Rücksicht auf andere nehmen würden... auch Malene Gürgen, die meiner Meinung nach hier auch sehr egoistisch klingt.

    Aber auf den Vorschlag der Grünen einzugehen... wer ein Hund hält sollte dafür geeignet sein und deswegen halte ich ein Eignungsnachweis gerade im Sinne der Tiere eine gute Idee. Für nicht eingesammelte Häuflein kann man ja ohne diese weiteren Verordnungen ein Bußgeld festsetzen... ebenso wie - in Berlin leider oft üblich - die Müllhinterlassenschaften in Parks oder auf dem Gehwegen.

    Was man gerne deulich verschärfen sollte, wäre mal das Tierschutzgesetz und die Strafen diesbezüglich drastisch erhöhen.

    • @Onion:

      Ich stimme Dir hinsichtlich der Autorin zu. Dazu war auch die restliche Seite bezüglich des geltenden Rechts ziemlich uninformiert. Wer als Hundebesitzer Hundekot nicht einsammelt (und erwischt wird), zahlt auch heute schon ein Ordnungsgeld. Das gleiche gilt auch bei ungesicherten Hunden im Auto (hier ein Beispiel mit 47.000 € Schaden, auf denen ein Hundehalter sitzen blieb: http://www.partner-hund.de/info-rat/alltag-mit-hund/hund-im-auto/sicherungspflicht-fuer-hunde.html). Den Vorschlag der Grünen finde ich (Hundehalter) auch die beste Lösung. Dadurch könnten auch die Listenhunde-Listen endlich Vergangenheit werden, die z.B. in Brandenburg dazu führen, dass gelistete Hunde, die ins Tierheim geraten, dort verrotten müssen, weil sie in Brandenburg nicht vermittelt werden dürfen (zum Glück kommen wohl gelegentlich mal Skandinavier vorbei, die den einen oder anderen Listenhund dann in nordische Gefilde retten). Und, nein, Listenhunde sind per se nicht gefährlicher als andere Hunde - genauso wenig wie der Normaleuropäer Universitätsprofessor ist, nur weil die (fiktive) weiße Rasse mal als intelligenter als alle anderen galt.

      Das seltsamste an dem Gesetzentwurf ist für mich allerdings seine absehbare Unwirksamkeit. Entscheidend ist dabei die Befreiungsmöglichkeit vom Leinenzwang über den Nachweis von Hundesteuerzahlung und Unauffälligkeit des Tiers. Da Hundehalter häufig Serientäter sind, kenne ich, ehrlich gesagt, niemanden in meinem Hundehalterbekanntenkreis, für den diese Befreiungsmöglichkeit nicht in Frage käme. Außer Spesen also nichts gewesen.

      Aber den Vorschlag der Grünen würde ich wirklich gerne aufgegriffen sehen, gerade auch im Sinne der Tiere.