Kommentar: Hellblaues Auge
■ Mit dem Peters-Urteil des Amtsgerichts entwickelt sich eine „Lex Polizeidirektor“
Hamburgs Gerichte sind wahrlich unabhängig. Auf zwei parallel verlaufenden Wegen wird der Polizeiskandal aufgearbeitet: Durch den parlamentarische Untersuchungsausschuß Hamburger Polizei (PUA) auf der einen, durch die Strafverfolgung auf der anderen Seite.
Diese beiden Wege laufen derart parallel, daß es zu keinen Überkreuzungen kommt. Bescheinigte der PUA dem Kronzeugen Chrobok die Glaubwürdigkeit, sprachen Hamburgs Gerichte sie ihm bereits in zwei Fällen ab. Hieß es im PUA-Bericht noch, der Imageverlust der Polizei hätte zugunsten der Aufklärung hingenommen werden müssen, lobte das Amtsgericht Peters nun, er habe korrekterweise die Vertraulichkeit des Gespräches mit Chrobok gewahrt.
So absurd die teils widersprüchlichen Ergebnisse auch anmuten wollen: Der quasi-Freispruch für den Einzel-Nichtakteur Peters kann nicht über die strukturellen Defizite hinwegtäuschen, die der PUA der Hamburger Polizei insgesamt bilanziert hatte.
Mit einem allenfalls hellblauen Auge kam Peters gestern davon. Das dafür bemühte Konstrukt des „Schuldspruchs mit Strafvorbehalt“wurde aus den Niederungen des Strafgesetzbuches hervorgezaubert. Das erste und einzige Mal kam es in den Polizeiprozessen zum Hamburger Kessel zur Anwendung.
Offenbar scheint sich hier eine „Lex Polizeidirektor“zu etablieren. Doch warum diese Exklusivrechte? Wenn schon entdeckt, dann gelten sie doch wohl auch für kleine Sozialhilfebetrüger oder zum Eigenbedarf dealende Junkies. Elke Spanner
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