Kommentar: Deutsche Wertarbeit
■ Warum die Stadt Hamburg vorgaukelt, einen Jugendtarif zu brauchen
Wer sparen will, muß aus jeder Mark mehr machen als bisher, meint Hamburgs Bürgermeister Runde. Ein Motto, das dieser Tage SPD-Politiker und gestandene Gewerkschaftsbosse zu einen scheint. Denn sie alle haben grundsätzlich nichts mehr dagegen, jungen Erwachsenen ohne Berufsausbildung weniger Geld zu zahlen. Ein Jugendtarif nach Scheeles Art muß her.
Denn immerhin ist es erklärtes Ziel der Hamburger Politik, bis zum Jahr 2001 neue Arbeitsplätze für 2000 junge Sozialhilfeempfänger zu schaffen. Scheeles Beschäftigungsträger Hamburger Arbeit soll davon 700 übernehmen. Das ist abgemacht. Klar ist auch, daß die Stadt für diese 700 Jungerwachsenen keinen Pfennig dazuzahlt. Beschäftigung muß also billiger werden. Bloß wie legitimiert man das?
Bürgermeister Runde hat den Dreh raus: Er möchte jungen Erwachsenen, die bisher von der Sozialhilfe lebten, nicht vorgaukeln, sie brächten im Beschäftigungsprojekt die gleiche Leistung wie in einem herkömmlichen Betrieb. Jungerwachsene Delinquenten sind so. Die lassen sich leicht täuschen.
Daß Tarifpolitik sich bisher an Tätigkeiten orientierte, ficht die Befürworter des Jugendtarifs dabei nicht an. Künftig soll das Alter ausschlaggebend sein. Noch sind damit nur 18- bis 25jährige gemeint. Man darf gespannt sein, wann die ersten Tarifverträge für über 55jährige abgeschlossen werden. Auch deren Arbeitsleistung soll ja nicht mehr deutscher Unternehmensrealität entsprechen.
Runde übrigens ist im Februar 55 geworden. Karin Flothmann
Berichte Seite 26
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