■ Kommentar: Herde schwarzer Schafe
Bei den Mietern, die über Monate terrorisiert wurden, wird das Urteil gegen ihren gewalttätigen Hausbesitzer zweifellos Freude aufkommen lassen. Der Spruch des Gerichts, der deutlich härter ausfiel als der Antrag des Staatsanwalts, signalisiert darüber hinaus möglicherweise eine neue Sensibilität innerhalb der Justiz bezüglich der Nöte von Mietern. Wenn der skrupellose Umgang mit der Ware Wohnung stärker in den Blick der Justiz gerät, wäre dies in der Tat ein ermutigendes Zeichen für Hunderttausende von Mietern.
Zwar ist Berlin zahlenmäßig fast eine reine Mieterstadt, in der Realität aber muß man den Eindruck haben, Mieter seien eine kleine Minderheit, die nach Belieben geknufft und betrogen werden dürfen: Wenn Eigentum hierzulande irgend jemand verpflichtet, dann nur die Mieter dazu, stillezuhalten beim bösen Spiel auf ihre Kosten. Doch was sich Tausende von Mietern täglich gefallen lassen müssen an Drangsal, ob es nun ungerechtfertigte Mieterhöhungen, falsche Abrechnungen und andere schmutzige Tricks sind, landet im allgemeinen nie vor den Schranken des Gerichts. Dort wird eben nur verhandelt gegen die rabiate Vorhut des Gewerbes, gegen die Brachial-Entmieter, die das Haus zerschlagen, bis der letzte Mieter entnervt aufgibt, oder jene Miethaie, die selbst nach den zweifelhaften Regeln des goldenen Gewerbes zu schamlos abkassieren wollen. Das aber sind in der Regel nur die Dummen in einer Herde schwarzer Schafe. Die Cleveren haben dagegen längst begriffen, wie man die Menschen fachgerecht und mit dem Wohlwollen des Staates ausplündern kann. Dies ist nicht minder skandalös als der jetzt geahndete Hausherren-Vandalismus; nur sind diese Ehrenmänner vom Gericht nicht zu belangen. Gerd Nowakowski
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