Kommentar: BAT-Manns Ende
■ Abschied vom heiligen Buch
Die Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes sind die mit Abstand größte arbeitsrechtliche Gruppe. Sie hat sich bisher über Kürzungen des Krankengeldes nicht viele Sorgen zu machen brauchen. Vor allem das heilige Buch des deutschen Tarifrechts, der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT), galt als unantastbar. Historisch gewachsen und bei jeder Tarifverhandlung um eine neue Schicht von Vereinbarungen angereichert, repräsentierte der BAT nicht nur Sozialpartnerschaft, sondern die Interessenidentität von Öffentlichem Dienst und seinen Beschäftigten - zumindest in sozialdemokratisch geführten Bundesländern.
Diese Zeiten gehen zuende - auch wenn die IG Metall gegen Daimler-Benz noch einmal die Fortzahlung des Krankengeldes in voller Höhe durchsetzen könnte. Dieser Arbeitskampf hat keine Stellvertreter-Funktion, er schützt den öffentlichen Dienst keinesfalls vor vergleichbaren Kürzungen, auch wenn dies der SPD, ÖTV und Gesamtpersonalrat heute noch undenkbar vorkommt. Die Diskussion um die Verlängerung der Arbeitszeit für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst hat gezeigt, daß die Finanzlage Entscheidungen gegen den Trend erfordert - und sei es, daß dafür der heilige BAT angetastet wird. Wer davor die Augen verschließt, verdrängt, daß die liebgewonnene Interessenidentität nicht mehr existiert und die Sozialpartnerschaft sich in voller Auflösung befindet. Dietmar Bartz
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