Kommentar: Ein Spottpreis
■ Unter „Amigos“ gibt's keine Kontrolle
Daß zwei sich kennen, kann man keinem übel nehmen. Daß der frühere Bremer Finanzsenator Claus Grobecker ein sachkundiger Aufsichtsrat im Vulkan-Konzern sein würde, darf man unterstellen. Schlimm an dem Brief, mit dem Grobecker Schlüssel-Positionen im Vulkan-Konzern für sich verlangt, sind die Abhängigskeitsstrukturen, die da sichtbar werden. Wenn ein Vorstandsvorsitzender seinem Duz-Freund einen Aufsichtsrats-Posten besorgen kann, dann zeigt dies: Von Kontrolle kann nicht die Rede sein. Wie sicher muß sich Grobecker der Verbundenheit Hennemanns gewesen sein, wenn er ihm so einen Brief schreibt! Lag das nur daran, daß der Konzern dem Finanzsenator hunderte Millionen Subventionen verdankt? Grobecker mußte spätestens nach diesem Bettelbrief dem Hennemann mehr als dankbar sein. Ihre Organ-Funktionen konnten beide nicht in der gebotenen Unabhängigkeit ausfüllen.
Für Hennemann kam der Grobecker-Brief sehr gelegen. Denn im paritätisch besetzten Verbund-Aufsichtsrat, dem obersten Kontroll-Gremium des Konzernchefs, hatten Arbeitnehmer plus „Arbeitgeber-Vertreter“ Grobecker die Mehrheit. Solange Grobecker tiefe Dankbarkeit gegenüber Hennemann empfinden mußte, konnte da nichts schief gehen. 6.000 Mark im Monat – für das Zünglein an der Waage eines Konzern-Aufsichtsrates ein Spottpreis. Der Fall hat bayerische Amigo-Dimensionen. Klaus Wolschner
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