■ Kommentar: Im Glauben gefestigt
Man kann den Eigentümer der Schilleroper nur beglückwünschen: Ohne große Anstrengung hat er sein Ziel erreicht, am Verfall des Gebäudes zu verdienen. Vielleicht wird auch er sich fragen, warum Baudezernent Gero sich ohne Not über die Beschlüsse der Bezirksversammlung hinwegsetzt. Die Antwort dürfte ihn aber weniger interessieren als die WählerInnen und ihre politischen VertreterInnen.
Im Glauben gefestigt vertraut Gero auf den guten Willen des Besitzers, als handle es sich bei einem Sanierungsversprechen um ein religiöses Bekenntnis. Nur ist Gero nicht der Papst und Eigentümer Ehrhardt kein frommer Meßdiener. Nichts hindert Ehrhardt daran, sich ähnlich wie der Wasserturm-Investor im Sternschanzenpark zu verhalten und sich die Sache mit der öffentlichen Nutzung einfach anders zu überlegen.
Außerdem: Die Unterbringung von Flüchtlingen und Obdachlosen in den – etwas teuren – Behausungen hat schließlich auch seine moralische Berechtigung, oder? Und hat die Ansiedlung und menschenunwürdige Unterbringung von Armen im Stadtteil St. Pauli nicht Tradition? Ja, würden sich diese Menschen in Eppendorf denn überhaupt wohlfühlen?
Ohne Vertrag bleiben Bezirk und Eigentümer viel flexibler. Und wenn die Jahre ohne Kulturzentrum ins Land gegangen sein werden, ist womöglich auch der Baudezernent ein anderer und der neue weder zuständig noch verantwortlich. Das Bedauern wird allerseits groß sein, die Stadt wird es viel Geld gekostet und St. Pauli wird die Chance zur Verbesserung der Lebensqualität verpaßt haben. So schön kann Armutsbekämpfung sein.
Heike Haarhoff/Silke Mertins
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