■ Kommentar: Das System Landowsky
Business as usual, könnte man zu den Machtspielchen sagen, die Klaus-Rüdiger Landowsky in Sachen Bewag mit der SPD treibt. Die SPD hatte sich dazu entschlossen, die Berliner Licht- und Kraft AG ganz zu veräußern. Sie warf dabei sozialdemokratisches Urgestein über Bord – und war wochenlang in der Presse. Der Chef der CDU-Fraktion, des Partners und Konkurrenten der SPD, muß in solch einer Situation geradezu mit Knüppeln schmeißen. Diesmal aber hat Landowsky überzogen. Der Machtmensch hat der Stadt immens geschadet, indem er andauernd öffentliche Erklärungen abgab – als Banker und als mächtiger CDU-Politiker. Das Bewag-Geschäft, so sieht es aus, wird platzen. Dafür ist Landowsky mitverantwortlich. Wenn die Bewag-Milliarden aber nicht in den Haushalt eingestellt werden können, dann erhöht sich der (Spar-)Druck auf die sozialen Verhältnisse in der Stadt ungeheuer. Landowsky hat erst das Kürzen bei den mächtigen Lobbygruppen verhindert; nun hat er das Bewag-Geschäft hintertrieben. Bald wird er die Erhöhung der Netto-Neuverschuldung fordern – und unter anderem seine Bank bitten, die nötigen Kredite bereitzustellen.
Bislang funktionierte dieses System Landowsky geräuschlos, inoffiziell, ohne direkt erkennbare Nutznießer. Im Fall Bewag hat Landowsky in seiner Multifunktion als Bankchef/Politiker/ De-facto-Regierungsmitglied entschieden zu weit gegangen: Er bedient die Interessen der Strom- und Atomlobby, indem er fordert, die Bewag müsse deutsch bleiben; er nutzt seiner Berlin- Hannoversche Hyp, wenn er die Neuverschuldung anheizt; die Informationen dafür bekommt Landowsky, wenn er an Senatssitzungen teilnimmt.
Neuerdings treibt Landowsky dieses Spiel in aller Öffentlichkeit. Ja, er selbst stellt sie erst her, indem er seine „Insider-Informationen“ gezielt einsetzt. Der Skandal daran ist, daß er gar nicht mehr als solcher ins Bewußtsein dringt. Die politische Öffentlichkeit nimmt das System Landowsky achselzuckend hin. Darin drückt sich die wirkliche Provinzialität dieser Stadt aus. Landowsky bestimmt ihre Geschicke gerade so, wie es in 300-Seelen-Käffern geschieht: Der Bürgermeister ist der Unternehmer, ist in der Partei, ist Schützenkönig, geht jeden Sonntag in die Kirche. Klaus-Rüdiger Landowksy hat mehr Macht, als einzelnen in der Demokratie zusteht. Christian Füller
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