■ Kommentar: Das Problem heißt Haase
Parlamentspräsident Herwig Haase hat sich vor dem Abgeordnetenhaus für seine Erklärung zum Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus entschuldigt. Alles klar und weiter in der Geschäftsordnung?
Nein. Kann sich das Parlament so einen Präsidenten leisten? Einen Präsidenten, der seiner Entschuldigung hinzufügt, er habe in den letzten Tagen vor allem eines gelernt: 1998 seien die Fraktionen aufgerufen, sich Gedanken um den Gedenktag zu machen? Wofür steht Herr Haase denn überhaupt dem Parlament vor – immerhin das verfassungsmäßig zweithöchste Amt Berlins? Welchen Ansehensverlust darf ein Präsident der Stadt zufügen, selbst wenn man zugesteht, daß Herr Haase kein harter Rechter ist, sondern nur seiner Aufgabe nicht gewachsen?
Herwig Haase war bereits als Verkehrssenator eine Fehlbesetzung – das kann aber nicht heißen, daß ihm nun als Parlamentspräsident ein „Lübke-Faktor“ zugestanden wird. Was darf die Stadt von einem Politiker erwarten, der mit seiner Rede bewies, daß er nicht einmal den Kontext des Gedenktages verstanden hat und der den Text auch noch teilweise abschrieb? Trotz Entschuldigung bleibt das Problem bestehen. Es wirft freilich ein merkwürdiges Licht auf die Fraktionen von SPD und CDU, daß diese es nach der Empörung der letzten Tage nicht einmal für nötig hielten, eine gemeinsame Erklärung des Parlaments abzugeben. Das ist genau die Atmosphäre, in der ein Problemfall zum Präsidenten werden kann. Gerd Nowakowski
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