Kommentar: Wahlvolk schweigt
■ Protest gegen Kindervisum: Die linksdeutsche Solidarität bleibt mager
Seit Wochen informieren die hiesigen türkischen Zeitungen ihre LeserInnen über alle Details der Kindervisumpflicht. Mit größter Selbstverständlichkeit gingen türkische Kinder gestern nicht zur Schule, sondern zu den Protestaktionen.
Ebenso selbstverständlich hat die deutsch geborene Bevölkerung keinen Schimmer, worum es geht. Die politisch bewegten HeroInnen, sonst gegen jede polizeiliche Mißhandlung zu haben, hüllen sich in ganz unbetretenes Schweigen. Ist der Begriff Kindervisum- und Aufenthaltsgenehmigungspflicht zu sperrig? Ist es zu mühsam, sich mit den Auswirkungen der im Blindflug erlassenen Verordnung zu befassen?
Offenbar reicht es nicht, die Zahl der betroffenen Unter-16jährigen zu nennen, die erneut zu AusländerInnen gemacht wurden, deren Recht, in Deutschland zu leben, erneut in Frage gestellt wurde und die womöglich nicht hierbleiben dürfen, weil ihre Eltern geschieden sind.
Auch daß Innensenator Hartmuth Wrocklage diese Obszönität unterstützt, löst keinen Protest-Sturm aus. Die Behauptung des Senators, sich in Hamburg einer „unbürokratischen“ Lösung befleißigen zu wollen, ist unglaubwürdig, denn deren Umsetzung läge immer noch bei der auch sonst abschiebewütigen Ausländerbehörde.
Der Widerstand dagegen wird denen überlassen, deren Demonstrationen die Wahlvolksparteien einen Dreck interessieren. Die Privilegien der HamburgerInnen mit deutschem Paß und der Druck, den sie qua Stimmgewalt ausüben können – siehe Frankreich – bleiben ungenutzt. Ulrike Winkelmann
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