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■ KommentarMarschrichtung rechts

Die Große Koalition mit der SPD ist für die Parteibasis der CDU zum Synonym für verhinderte Politik geworden. Die Koalition verhindere eine engagierte Mittelstandspolitik, eine effektive Arbeitsmarktpolitik, eine restriktivere Ausländerpolitik, eine kontrolliertere Sozialpolitik und nicht zuletzt im Bundesrat die zum Allheilmittel mutierte Steuerreform. Außerdem verhindert die SPD in diesem Weltbild die Darstellung der CDU als klare Alternative zum – auf dem Parteitag am Samstag beschworenen – Schreckbild der „Linksfront“.

Zweierlei mußte daran auf dem Parteitag der CDU am Samstag überraschen. Nach der SPD, von der man solchen Streit gewöhnt ist, stellte nun auch die Parteibasis der Christdemokraten die Große Koalition in Frage. Die Debatte war zweitens so heftig, daß es an der Führung um Eberhard Diepgen und Klaus Rüdiger Landowksky war, den Sozialstaat und eine moderate Ausländerpolitik zu verteidigen.

Selbst Innensenator Jörg Schönbohm geriet in die Rolle, allzu schwere Geschütze gegen die Integration von AusländerInnen abzuwehren. Schlechte Parteitagsregie, Demokratisierung der Strukturen der CDU, die derartige Diskussionen sonst jenseits der Öffentlichkeit führt, oder eine Verschiebung der christdemokratischen Politik?

Immer schwerer scheint es der Parteiführung unter Eberhard Diepgen zu gelingen, den Drall nach rechts in der Partei zu stoppen. Die Basis, mit Blick auf den rigorosen und durchsetzungsfähigen Kurs der Bonner Parteiführung – beim Abbau des Sozialstaates und der Nationalisierung der Innen- und Außenpolitik –, will endlich auch dürfen, was ihr die Große Koalition in Berlin scheinbar versagt. Und ein Weiteres steckt hinter der Kritik, die sich die CDU-Führung auf dem Parteitag einfing: die Angst vor einer linken Mehrheit. Barbara Junge

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