■ Kommentar: Rasen für das Volk
Der Entwurf der Landschaftsarchitekten Cornelia Müller und Jan Wehberg für den Platz der Republik ist ein politischer Akt. Ganz im Gegensatz etwa zu den vorgesehenen Blumenkübeln, Beeten und Sitzecken für den Lustgarten sehen sie die Fläche vor dem Reichstag als öffentlichen Raum, der wieder das werden soll, was er einmal war: nämlich ein Platz des Volkes. Das Rasenrechteck umgeben die beiden Planer zwar mit buschigen Hecken. Geschenkt! Wichtig bleibt, daß sie die große Fläche eben, weiträumig und einfach lassen. Nicht die Mittel stilisierter Naturverschönerung sollen dort agieren, sondern diejenigen, die das leere grüne Feld bespielen. Daß Müller/Wehberg dabei an die Freizeitkicker ebenso denken wie an Grill- und Rockfans, Post-Christoianer oder aufmarschierende Demonstranten ist augenscheinlich. Nichts verhindert in ihrem Entwurf zwei Torstangen, nichts verstellt den Raum für ein Fest, das sich die Bürger selbst geben – oder geben lassen.
Für die Saubermänner der Hauptstadt und die Bundespolitiker samt ihren Sicherheitsexperten bedeutet der Entwurf eine Herausforderung ihrer politischen Kultur. Zwar haben sie sich bei der Wettbewerbsentscheidung zu dem Bekenntnis hinreißen lassen, der Platz der Republik sei „öffentlich“. Nicht gesagt haben sie allerdings, was sie damit meinen. Doch das ist leicht zu erraten. „Öffentliches“ Gebolze, türkische Hammeldüfte mit viel Knoblauch, Demos oder gar Festivalstimmung fallen wohl nicht darunter – ordentlich spazieren schon. Der Regierungspark als Angstnummer? Die multifunktionale Nutzung bilde die Qualität des Entwurfs, hat der Juryvorsitzende Haag betont. Nur Staat ist monofunktional. Rolf Lautenschläger
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen