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■ KommentarIn die Tasche gelogen

„Not macht erfinderisch“, lautet das Motto. Die finanzielle Schwindsucht der Landeskasse sei nur ein Argument beim Verkauf der Bewag gewesen, erklärte gestern der Senat. Viel eher sei es um Wirtschafts- und Energiepolitik gegangen, um Standortvorteile für Berlin und um ein neues Denken, was das Verhältnis von Staat und Wirtschaft angehe.

Der Senat lügt sich und der Stadt in die Tasche. Wahr ist, daß Berlin gestern seinen größten Goldesel geschlachtet hat. Doch da die Große Koalition nicht zugeben kann, mit ihrem finanzpolitischen Latein am Ende zu sein, erklärt man den Tod des Goldesels schnell zur Standortpolitik. Der Nachruf auf den Stromversorger klingt, als sei die Bewag (immerhin eines der wenigen staatlichen Unternehmen, das kräftig Gewinn machte) immer schon ein Klotz am Bein gewesen. Nun ist man diesen Klotz los. Weitere werden folgen, die Privatisierungswelle rollt.

Mag ja sein, daß man Energiepolitik viel besser machen kann, wenn man sich aus den Unternehmen zurückzieht und sich auf das Ordnungsrecht konzentriert. Doch dann sollte man das bestehende Ordnungsrecht (hier: das Kartellrecht) achten und es nicht auszuhebeln suchen. Mag ja sein, daß staatliche Vorsorgepolitik anders definiert werden kann als über den Besitz der Infrastruktur. Doch dann sollte man über einen Umbau des staatlichen Angebots reden und nicht unter Druck den Goldesel verscherbeln. Und vor allem sollte man sich nicht hinstellen und einen Erfolg feiern, wenn man gerade von den Stromkonzernen in die Tasche gesteckt worden ist. Bernhard Pötter

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