■ Kommentar: Platz am Roulettetisch
Erst die Bewag, jetzt die Bankgesellschaft. Gegenwärtig finden tiefgreifende Veränderungen im Berliner Machtgefüge statt. Die Politik gibt ihren Einfluß zunehmend ab. Während bei der Bewag bald private Konzerne bestimmen, wird sich die politische Elite Berlins ihre bisherige Verfügungsgewalt über die größte Bank des Landes mit Niedersachsen und anderen Ländern teilen.
Um die neue Großbank aus Bankgesellschaft Berlin und Nord/LB zu gründen, wird das Land vermutlich Aktien im Wert von mehreren hundert Millionen Mark verkaufen, was wiederum das Loch in den leeren Staatskassen verringert. Doch dieses Kalkül steht nicht im Mittelpunkt. Es geht Bankern und Senat darum, die politische Hauptstadtfunktion mit wirtschaftlicher Macht zu unterfüttern. Über Nacht wird die ökonomische Provinzstadt Berlin beim Finanzkapital zum Konkurrenten der bisherigen Geldmetropole Frankfurt am Main. In Zukunft wird auch von der Bankzentrale am Alexanderplatz aus große Kreditpolitik gemacht, über Leben oder Tod von Konzernen und die Jobs ihrer Beschäftigten entschieden, weltweit munter spekuliert, finanziert und ruiniert. Berlin hat nun seinen Platz am globalen Roulettetisch. Konkrete Auswirkung für die Menschen: Durch die Fusion werden Tausende von Jobs wegfallen, langfristig aber mehr neue entstehen. Denn für Finanzdienstleister aller Art wird der ehemalige Vorposten des Kapitalismus nun tatsächlich zu einer wichtigen Adresse. Hannes Koch
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