■ Kommentar: Wie platzende Reifen
Wer meint, sich über den Einstieg der Bankgesellschaft Berlin beim Motodrom „Lausitzring“ freuen zu können, sitzt einem Bären auf. Gut, die lärmenden Autorennen auf der Avus sind dann passé, ebenso die Auspuffemissionen, die giftgasmäßig den Grunewald terrorisieren. Doch in der Lausitz brettern die Formel-1- Narren nicht weniger laut und schmutzig. Die Zerstörungen für die Natur und Umwelt lassen sich nicht durch Standortwechsel eliminieren. Kaum weniger schädlich ist das 70-Millionen-Mark- Startsignal für den Bau der Betonschleife auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Der Glaube von Brandenburgs Ministerpräsident Stolpe, die strukturschwache Region erhielte „einen kräftigen Entwicklungsschub“, erinnert an jenen politischen Euphemismus, den der SPD-Mann vollmundig an den Tag legt, wenn es darum geht, abgewrackte Militärstützpunkte der Roten Armee – etwa in Wünsdorf – in blühende Landschaften zu verwandeln. Das Land investiert dort in Fässer ohne Boden, ohne Aussicht auf Prosperität. Ist es schon verrückt genug, im Wünsdorfer Wald zu hausen, so kommt die Rennstrecke dem Alptraum nahe, daß ein Reifen bei 450 km/h zerplatzt. Die 240 Millionen Mark an öffentlichen Mitteln kann Stolpe ebenso abschreiben wie die Bankgesellschaft Berlin ihre 70 Millionen, rechnen sich doch ein Formel-1-Rennen pro Jahr plus ein paar Runden, die Möchtegernrambos am Wochenende dort drehen, niemals. Die Konkurrenz am Hockenheim- und Nürburgring lacht sich jetzt schon ins Fäustchen. Aber der Blick durch die Windschutzscheibe war schon immer ein eingeschränkter. Rolf Lautenschläger
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