■ Kommentar: Salomonischer Vorschlag
Das Gezänk um das geplante Jüdische Museum gleicht derzeit einer Ringschlacht. Die aufgezogenen Bandagen sind hart, und zugelangt wird auch unter der Gürtellinie. Andreas Nachama, Chef der Jüdischen Gemeinde, macht „Tritte vors Schienbein“ aus, teilt aber ebenso aus, wenn er moralisierend vom „dünnen Eis deutsch-jüdischer Beziehungen“ spricht. Nicht zimperlich führt sich auch Kulturstaatssekretär Pufendorf auf, der die Entlassung Barzels mit dessen Inkompetenz rechtfertigt. Barzel selbst spuckt gegen Museumsdirektor Güntzer. Und der giftet zurück. Alles nur eine Frage des Stils? Wohl kaum. So droht das Projekt Jüdisches Museum zu scheitern.
Der Vorschlag der Akademie der Künste, den Streit durch ein Kolloquium zu lösen, kommt daher einer salomonischen Entscheidung gleich, ist es doch der Versuch, den Konflikt zu entpersonifizieren. Nicht mehr die oben genannten Akteure, deren Befindlichkeiten und Interessen, sondern das zukünftige Konzept sowie dessen Umsetzung sollen dort die Maxime sein. Hinzu kommt, daß das Kolloquium nicht nur aus der Blockade herausführen kann, sondern das Jüdische Museum öffentlich thematisiert. Angesichts der Bedeutung des „Gegenstandes“ wird es selbst der Akademie kaum gelingen, zu einem harmonischen Kompromiß zu finden. Das muß auch nicht sein, denn Museumskonzepte vertragen keine Kompromisse. Vielmehr muß vom Libeskind-Bau eine Botschaft ausgehen, die mehr beinhaltet als persönliche Befindlichkeiten und diffuse Programmatik der Ausstellungsmacher. Rolf Lautenschläger
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