piwik no script img

■ KommentarSimple Wahrheiten

Die Sorge von Wirtschaftssenator Elmar Pieroth ist wohl allzu berechtigt, daß die Bundes-CDU im stillen bereits entschlossen ist, zur Bundestagswahl im Herbst 1998 die Rote-Socken-Kampagne neu aufzulegen. Denn zwischen der Bonner Sicht und der Lage der CDU in Ostdeutschland und Berlin klaffen kulturelle Welten. Was den Bonnern nützlich scheint, um die PDS in die politische Ecke zu drängen, ist für die Wahlchancen der CDU im Osten verheerend. Man hat in Berlin noch gut jene Beschimpfungen im Ohr, die lasche Hauptstadt-Partei hätte bei der letzten Bundestagswahl dabei versagt, die nötigen Bundestagssitze für die PDS zu verhindern. Dabei hatte gerade die Rote-Socken- Kampagne zu jener Jetzt-erst-recht-Haltung beigetragen, die der PDS den Einzug in den Bundestag sicherte.

Deshalb spricht Pieroth in seinem Papier nur simple Wahrheiten aus, die aber offensichtlich für das Personal auf der Bonner Kommandobrücke immer noch unverständlich sind. Auf welchen verschiedenen Wellenlängen in der eigenen Partei gefunkt wird, hat Pieroth selbst erfahren müssen. Als er kürzlich an einer Jugendweihe teilnahm, wurde er von Bonner CDU-Hinterbänklern bezichtigt, eine kommunistische Institution zu unterstützen.

Sieben Jahre nach dem Mauerfall der eigenen Parteispitze erklären zu müssen, daß man Menschen in Ostdeutschland mit Beschimpfungen nicht für ein Kreuzchen bei der CDU gewinnen kann, muß für Pieroth eine schmerzliche Erfahrung sein. Pünktlich zum Tag des Mauerbaus beleuchtet dies aufs trefflichste, wie gering das Gewicht der ostdeutschen CDUler in der Partei ist. Und es ist kennzeichnend, daß ein Politiker wie Pieroth, der das Gespräch mit den Ostberlinern sucht, darüber fast zum Paradiesvogel in seiner eigenen Partei wird. Gerd Nowakowski

Bericht Seite 22

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen