Kommentar: Gorbi light
■ Was der historische Mann zu sagen hat
Am Tag der deutschen Einheit kommt Michail Gorbatschow nach Deutschland, nach Bremen – der Mann, ohne den vermutlich die Mauer damals, vor nur acht Jahren, nicht gefallen wäre. Das ist schon ein Ereignis. Nach dem November 1989 gab es bange Monate, in denen ein Militärputsch gegen Gorbatschow nicht ausgeschlossen wurde, weil die sowjetischen Militärs die West-Bastionen bis in die DDR nicht verlieren wollten. Sie warfen Gorbatschow vor, daß seine Politik der Perestroika nur dazu führen würde, alles aufzugeben.
Wie Recht die Militärs hatten! Liest man Gorbatschows Reden aus diesen weltbewegenden Jahren, dann kann man nur staunen: Welch ein Unsinn! Der erste Mann des sowjetischen Weltreiches wollte den Kommunismus reformieren, allen Ernstes. Aber er hatte nicht einmal eine diskutierbare Idee, wie das passieren könnte, er redete abstraktes Zeug vom „Europäischen Haus“, während das Sowjetreich zerfiel. Und dann verbündete sich Gorbatschow mit den konservativsten kommunistischen Militärs, Boris Jelzin kam.
Nach kurzer Pause erstand Gorbatschow wieder neu – als reiner Medienstar, ohne Amt. Damit verdient er offenbar auch heute sein Geld, auch in Bremen: Ein Promi der Tele-Kultur. Versteht er heute, wie die sowjetische Supermacht damals hinter seinem Rücken – aber unter seinem Namen – Weltgeschichte passieren ließ? Hat er etwas zu sagen? Anscheinend nicht. Klaus Wolschner
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