■ Kommentar: Gute Reise
In Berlin existiert kein Gegengewicht zum konservativen Innensenator Jörg Schönbohm (CDU). Das macht nicht nur seine auch vom Koalitionspartner SPD kaum angefochtene harte innenpolitische Linie aus. Auch das gesellschaftliche Klima hat sich seit Schönbohms Amtsantritt kontinuierlich verschoben. Die Stadt und die SPD haben diese Entwicklung unter anderem der jetzt tränenreich verabschiedeten Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) zu verdanken. Während beispielsweise im Bund Edzard Schmidt-Jortzig (FDP) zu Innenminister Manfred Kanther (CDU) einen Kontrapunkt setzt – in der Frage des Lauschangriffes etwa –, während Rupert von Plottniz, der bündnisgrüne Justizminister in Hessen, dem tumben Ruf nach härteren Strafen für Sexualtäter rechtsstaatliche Argumente entgegensetzt, hat Peschel-Gutzeit das Feld der Inneren Sicherheit in der Hauptstadt gänzlich der CDU überlassen. Das Gegengewicht, das eine Justizsenatorin setzen müßte, hat sie noch nicht einmal angestrebt. Gemessen an den profilarmen Berliner Verhältnissen kann man deshalb der Meinung sein, daß Peschel-Gutzeit ein Verlust ist. Aber preußische Tugenden wie Fleiß und Disziplin machen noch keine profilierte Justizpolitik aus – erst recht keine der linken Mitte. Gemessen an politischen Kategorien hat die SPD indes jetzt die Chance, über eine intellektuell geschärfte Justizpolitik das gesellschaftliche Klima wieder zu beeinflussen. In Hamburg hat die SPD gerade lernen müssen, daß sie mit Law-and-order-Parolen keinen Blumentopf gewinnen kann. Berlin braucht eine den BürgerInnenrechten verpflichtete GegenspielerIn zur Innenpolitik der CDU. Ob der designierte Nachfolger Ehrhart Körting die Rolle erfüllen kann – diese Frage muß sich die SPD beantworten. Und zwar nicht nur die SPD-Linke. Auch der amtierende Fraktionsvorstand täte gut daran, sozialdemokratisches Profil jenseits der Finanzpolitik zu definieren. Barbara Junge
Bericht Seite 22
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