■ Kommentar: Pieroths Seelenkampf
Im Filz zwischen Politik und landeseigenen Unternehmen spielen die Interessen der EinwohnerInnen kaum eine Rolle. Beleg dafür ist der gegenwärtige Streit um die hohen Wasserpreise. 8,30 Mark kosten Lieferung und Entsorgung eines Kubikmeter Wassers – mehr als in fast allen anderen Städten. Und auch die Gaspreise sind Spitze.
Einen erheblichen Teil der Verantwortung dafür trägt Wirtschaftssenator Elmar Pieroth (CDU), der den Aufsichtsratsvorsitz bei den Wasserbetrieben und einen Sitz im Aufsichtsrat der Gasag hält. Mehrere Seelen kämpfen in Pieroths Brust. Er ist total überfordert. Als Aufsichtsrat betrachtet er die hohen Preise meist mit Wohlwollen, denn sie mehren den Reichtum des Unternehmens. Als Leiter des Landeskartellamtes müßte er auf die Senkung der Monopolpreise drängen. Tut das aber kaum. Weil er gleichzeitig im Senat sitzt, der die Gasag vollständig privatisieren will? Hohe Gaspreise liegen im Interesse der Regierung, denn sie steigern den Verkaufspreis. Schon allein der Konflikt zwischen Aufsichtsrat und Senator bringt Pieroth in die Bredouille. Das Wasser-Privatisierungskonzept wurde gerade mit dem Kommentar „Setzen, Sechs“ an den Senator zurückgegeben. Und der Aufsichtsrat hat die Auszahlung von 180 Millionen Mark der Wasserbetriebe an den Senat gestoppt, die in der Landeskasse schon fest eingeplant sind. Soll man da noch erwarten, daß Pieroth an die Interessen der EinwohnerInnen denkt, denen er als Abgeordneter und Senator schließlich zuerst verpflichtet ist? Was spielen 100 Mark für eine Rolle, die eine Familie durch zu hohe Preise an die Gasag verliert, wenn zwischen Senat und Betrieben um Milliarden gezerrt wird? Hannes Koch
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