piwik no script img

KommentarProvinz-Posse

■ Meinungsfreiheit auf bremisch

Diese Geschichte kann nur in der Bremer Provinz spielen. Ein unbedeutender Feierabend-Politiker ruft bei der Deutschen Städtereklame an, verweist auf seine angeblich guten Kontakte zum Bausenator und fordert die Entfernung eines Plakates, das ihm politisch nicht genehm ist. Die Bremer Geschäftsstelle steht stramm und führt den Befehl sofort aus. In der DSR-Zentrale, die in der Großstadt Frankfurt beheimatet ist, kommt man später in Erklärungsnot.

Keine Frage, die Satire ist mißlungen. Das Plakat ist platt, polemisch und dumm. Doch das Grundgesetz garantiert die freie Meinungsäußerung, dazu zählen auch dumme Gedanken.

Erst im Februar hat das Bundesverfassungsgericht einen Mann laufen lassen, der mit einem viel schärferen Spruch für Schlagzeilen gesorgt hatte. „Soldaten sind Mörder“, ein Zitat des Schriftstellers Kurt Tucholsky, stand auf dem Auto des Krefelder Sozialpädagogen. Im Namen der Meinungsfreiheit ließen die Richter mehrerer Gerichte ihn laufen.

Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, das es zu verteidigen gilt, auch wenn die damit verbundene Kritik manchmal an die Schmerzgrenze geht. Daß ein Bremer Politiker dennoch versucht, die Meinungsfreiheit mit vermeintlich guten Kontakten auszuhebeln, ist dreist. Und daß das Zusammenspiel klappt, ist gefährlich, gefährlich undemokratisch. Kerstin Schneider

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen