■ Kommentar: Diskurse und Machtgesten
Vorgestellt worden sind erst drei Entwürfe für das Holocaust- Mahnmal. Am Freitag steht im Marstall noch die Präsentation von Gesine Weinmillers Entwurf an, dann folgt am Montag eine Abschlußdebatte. Bereits jetzt steht fest, daß diese Veranstaltungen ein voller Erfolg sind. Der Andrang bei jeder Veranstaltung und die leidenschaftliche wie ernsthafte Diskussion in einer wichtigen aktuellen Frage wären der Stadt öfter zu wünschen. Hier findet im besten Sinne ein Diskurs im öffentlichen Raum statt, der Berlin ehrt. Der Debatte um das Mahnmal, ganz egal, welcher Entwurf am Ende realisiert wird, kann nichts Besseres passieren. Die Auseinandersetzung ist Teil des Mahnmals, ist ebenso wichtig für die Verankerung des Mahnmals in den Köpfen wie die materielle Gestalt am Ende des Prozesses.
Jetzt stellt sich um so drängender die Frage, wie der Wettbewerb zu Ende geführt wird – genauer: wer entscheidet. Darüber gibt es derzeit keine Klarheit außer dem Hinweis auf eine Findungskomission, der Vertreter der Bundes, des Landes Berlin und des Förderkreises angehören. Der gestrige, von Geheimniskrämerei begleitete Besuch des Bundeskanzlers in der Ausstellung läßt Befürchtungen erwachsen, bei der endgültigen Auswahl könnte es wenig demokratisch zugehen. Schließlich hat schon beim ersten Wettbewerb Kohl mit seinem Veto den Siegerentwurf verhindert. Nichts wäre unglücklicher, als wenn am Ende dieses öffentlichen Prozesses dann wieder eine Geste der Macht das Verfahren entschiede. Die Menschen, die sich an den Diskussion beteiligt haben, könnten dies nur als Verhöhnung begreifen. Gerd Nowakowski
Bericht Seite 7
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