■ Kommentar: Kann wegfallen
Als Bausenator Jürgen Klemann Anfang 1996 sein neues Amt antrat, waren etliche ranghohe Mitarbeiter der Verwaltung über Nacht ihr Amt los und wurde die gesamte Abteilung Städtebau inklusive der Leiterin beschäftigungslos. Grund: Die Mitarbeiter hatten das falsche, nämlich das SPD-Parteibuch. Daß Klemann Personalpolitik zugunsten seiner eigenen Partei mit der Brechstange betreibt, hatte der ansonsten wenig glanzvolle Senator schon 1992 als Schul- und Sportsenator vorgemacht.
Parteiprogramme und Senatsbeschlüsse sind nur die Oberfläche, die gemeinhin als Politik begriffen werden. Wie erfolgreich ein Politiker ist, hängt von anderen Dingen ab. Es ist zweitrangig, ob man pfiffige neue Ideen hat; entscheidend ist, die eigene Verwaltung im Griff zu haben, um die Projekte auch zu realisieren. Generationen von Senatoren haben ohnmächtig zusehen müssen, wie in einer feindlich eingestellten Verwaltung ihr Chefwort folgenlos versackte. Dies gilt um so mehr, wenn das Ressort zuvor in vielen Jahren von einer Partei auf Linie gebracht wurde. Wenn die Senatorin für Schule, Jugend und Sport, Ingrid Stahmer, so bemerkenswert farblos agiert, dann liegt das auch daran, daß es ihr in den letzten zwei Jahren nicht gelungen ist, den Widerstand der von CDU-Parteigängern durchsetzten Verwaltungsspitze zu brechen. Gleiches gilt auch für die Finanzverwaltung, wo Senatorin Fugmann-Heesing wiederholt ein Bein gestellt wurde oder gezielt Indiskretionen aus dem Amt als Munition für die CDU-Kampagne gegen die Senatorin dienten.
Wofür die Verwaltungsreform alles gut sein kann, zeigt die Finanzverwaltung. Dort sind statt der bisherigen Abteilungen jetzt drei sogenannte Leistungs- und Verantwortungszentren geschaffen worden. Und dabei rollen eben auch Köpfe. Der bisher für Liegenschaften des Landes zuständige Abteilungsleiter Legermann hat nichts mehr zu tun und den Stellen-Vermerk „Kann wegfallen“. Rein zufällig ein CDU-Mitglied. Verbunden ist sein Name unter anderem mit der Affäre um den Verkauf des Stadtgutes Stolpe an den Reitunternehmer Schockemöhle. Ein „Racheakt“, schäumt die CDU. Natürlich nicht, stellt sich die Leitung der Finanzverwaltung dumm. Die Neustrukturierung sei schließlich Senatsbeschluß und solle die Verwaltung effektiver machen. Wie praktisch. Gerd Nowakowski
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