Kommentar: Zynische Feierstunde
■ Bürgerbeteiligung kleingeschrieben
„Die Bremer haben allen Grund, stolz zu sein auf ihre „48er“, lobte Bürgerschaftspräsident Reinhard Metz (CDU) gestern Bremens erste Petenten von 1848. Daß ihm dieser Satz nicht die Schamesröte ins Gesicht getrieben hat, ist verwunderlich. Keine drei Monate ist es her, daß der Tierschutzverein an die Tür des Parlaments klopfte. 35.000 Unterschriften hatten die Tierschützer gesammelt, um die Primatenforschung an der Uni zu stoppen. Nicht mal eine Stunde brauchten die Volksvertreter, um das Anliegen vom Tisch zu fegen. Bürgerbeteiligung wird in Bremen noch immer klein geschrieben. Und wenn Volkes Wille Geld kostet, wird er schlicht für verfassungswidrig erklärt – wie das Volksbegehren Bildung. Die Hürden für ein Volksbegehren sind hoch. Während man bis 1994 etwa 100.000 Unterschriften brauchte, sind es jetzt 50.000. Der Petitionsausschuß erlaubt Bittstellern, eine Eiche zu lichten (Petion Nr. 14/115) oder zwei Kochtöpfe und zwei Bratpfannen auf Sozialhilfekosten zu kaufen (14/268). Aber wenn es darum geht, Menschen vor der drohenden Abschiebung zu bewahren, kann er nichts ausrichten. Übrigens: Um eine Aussprache über eine Petition in der Bürgerschaft zu erreichen, müssen 25 Abgeordnete dafür sein. „Das Beten und das Bitten ist erlaubt“, schrieb Hoffmann von Fallersleben 1841. „Man weist uns ab mit kaltem Hohn zuletzt: Ihr habt die Form verletzt.“Daran hat sich bis heute nichts geändert. Kerstin Schneider
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