■ Kommentar: Absturz in Raten
Wenn Politiker öffentlich darüber sprechen, was man tun werde, „wenn alle Stricke reißen“, dann darf man gewiß sein, daß der Notfall schon vor der Tür steht. So darf man wohl auch Bögers Anmerkung verstehen, der Großflughafen müsse möglicherweise mit staatlichen Mitteln gebaut werden. Überrascht wird allerdings nur, wer dem Senat in der Vergangenheit die großspurige Behauptung glaubte, das private Kapital werde sich darum reißen, den Großflughafen bauen und betreiben zu dürfen. Die Unternehmen haben das nicht getan. Dort nämlich wird gerechnet und auch die weichen Entscheidungsfaktoren berücksichtigt. In beiden Bereichen ist es dem Senat nicht gelungen, sich als berechenbarer Partner zu präsentieren. Das aber ist unerläßlich bei einem Projekt, das weit in die Zukunft reicht.
Mißmanagement in der staatlich kontrollierten Flughafengesellschaft, ein riesiger Schuldenberg und ein Entschuldungsplan, der nur auf dem Papier steht, muß die Sorge der Investoren vor weiteren Kuckuckseiern stärken. Unklar ist, wer die Milliardenkosten für die Infrastruktur übernimmt. Darüber hinaus müssen regelmäßige Überlegungen aus dem Senat und vom Regierenden Bürgermeister, eventuell Tegel doch offen zu halten, zu Irritationen bei Investoren führen. Diese müssen zudem weitere Verzögerungen durch Prozesse fürchten. All das schmälert die Marktchancen eines Großflughafens – schließlich gibt es auch konkurrierende Flughafenprojekte von Leipzig bis Warschau. Wenn deshalb von einst sieben Investoren-Gruppen nur noch zwei übriggeblieben sind, so hat die Große Koalition sich dies vor allem selbst zuzuschreiben. Gerd Nowakowski
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