■ Kommentar: Empörend taktisch
„Entehrung eines Deutschen jüdischen Glaubens“, empört sich die CDU Schöneberg zugunsten des Chemikers Fritz Haber. Damit ist die Aufmerksamkeit gesichert. Doch nicht nur der Einsatz für den Giftgas-Erfinder ist peinlich, auch die offenkundige Funktionalisierung des jüdischen Glaubens ist empörend. Denn um den Glauben geht es offenbar nicht, sondern nur um die Diffamierung eines Ehepaares, das in der Nazizeit unter Lebensgefahr jüdischen Berlinern das Leben rettete. Warum sollte Fritz Haber als Namensgeber einer Schule geeigneter sein, nur weil der Kriegstreiber jüdischen Glaubens war? Wer meint, aus jeden Deutschen jüdischen Glaubens einen guten Menschen machen zu müssen, ist weit von einem normalen Umgang mit der deutschen Vergangenheit entfernt. Auch Juden können Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehen.
Bei der CDU steht der Einsatz für Haber daneben in überraschendem Kontrast zu ihrem sonstigen Umgang mit jüdischen Namen im Stadtbild. In Wilmersdorf blockieren die Christdemokraten seit Jahren die Umbenennung des Seebergsteigs zugunsten des jüdischen Schriftstellers Walter Benjamin, in Tiergarten will die CDU keinen Platz nach der Jüdin und Luxemburg-Vertrauten Mathilde Jacob benennen, und in Reinickendorf lehnt die Bezirks-CDU einen Gedenkstein für die ermordeten Juden aus Frohnau ab. Auch die Schöneberger CDU bewies unlängst ein merkwürdiges Verständnis, wer geehrt gehört. Nach Marlene Dietrich sollte im Bezirk nur der abseits gelegene S-Bahnhof Papestraße benannt werden. Wer im Falle Haber mit dem jüdischen Glauben derart durchsichtig agiert, verliert jede Gaubwürdigkeit. Gerd Nowakowski
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