Kommentar: Pi mal Daumen
■ Hinter Haushalts-Posse steckt System
Der Streit um den Haushalt 1999 ist eine kaum zu überbietende Posse Bremer Art. Es geht um die Finanzen des Landes, doch anstatt kühl zu rechnen, tut der Senat so, als wären die Uhren stehengeblieben. Neue Zahlen werden nicht berücksichtigt. Irgendwie wird sich schon alles zurechtrechnen – ein Haushalt Pi mal Daumen eben. Ein Kaufmann, der sein Geschäft so führen und mit alten Umsatzzahlen rechnen würde, wäre schnell pleite. Darauf braucht Bremen nicht mehr zu warten. Das Bundesland ist schon pleite. Ein seriöser Haushalt ist Utopie geworden. Vielleicht schert sich die Regierung deshalb so wenig um kaufmännische Grundsätze. Der Bund wird's schon richten und weiter Sanierungshilfe leisten.
Das Verhalten des Senats zeigt allerdings noch etwas anderes. Die Große Koaltion ist mit ihrem Latein am Ende, was die Sanierung des Landes angeht. Die Deputationen sollen lieber nicht mehr über den Haushalt nachdenken. Die Deputierten könnten zuviel Einblick erhalten und womöglich über die Sparmaßnahmen Streit anzetteln. Und einen Streit über den Haushalt müssen die Koalitionäre vermeiden: Im September sind Bundestagswahlen, im Mai Bürgerschaftswahlen. Ein Streit um den Haushalt sieht schlecht aus und kostet Stimmen. Um das zu verhindern, tritt der CDU-SPD geführte Senat die Demokratie mit Füßen. Aber wer schert sich schon um Demokratie, wenn es um die politische Macht geht? Kerstin Schneider
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