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■ KommentarDas Parlament versagt

Historiker nennen so etwas oft eine „Sternstunde des Parlaments“: Die Volksvertretung hat die Gelegenheit, das Handeln der Regierung zu untersuchen, Regelverstöße festzustellen und Mitglieder der Regierung abzuberufen. Dazu braucht es eine starke Opposition und ein Parlament, das sich gemäß der Verfassung als Kontrollorgan der Regierung versteht.

Beides gibt es in Berlin nicht. Der Abschlußbericht zum Skandal um den FC Union hat wieder einmal gezeigt, wie verheerend eine große Koalition wirkt. Da können sich die Oppositionsparteien noch so abstrampeln: Das SPD/CDU-Kartell sitzt Skandale wie die Verschleuderung von 12,7 Millionen Mark Steuergeld einfach aus. Mit der Arroganz der Macht werden schwere Fehler der politischen Freunde gedeckt; Untersuchungsausschüsse verdienen ihren Namen nicht; Berichte werden verwässert, damit Verantwortliche nicht belangt werden. Das war so bei den Skandalen zum FC Union, zum Flughafen Schönefeld und zur Olympia-Bewerbung. Insgesamt wurden trotz leerer Kassen Hunderte von Millionen Mark vergeudet.

Das zeigt auch den Niedergang des Parlamentarismus. Abgeordnete, die krasses Fehlverhalten von Senatoren oder Staatssekretären mit einem Schulterzucken abtun, haben nicht begriffen, wozu sie ins Parlament geschickt worden sind: um dafür zu sorgen, daß gut und sauber regiert wird. Doch die meisten der Vorder- und Hinterbänkler von CDU und SPD fühlen sich nicht als Volksvertreter und Kontrolleure des Senats, sondern als dessen willfährige Befehlsempfänger. Bernhard Pötter

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