Kommentar: Offene Grenzverschiebung
■ Kanther will engere Zusammenarbeit von BKA und BND
Im Kampf für eine bessere Welt hat sich Innenminister Manfred Kanther wieder etwas Neues einfallen lassen. Bundeskriminalamt (BKA) und Bundesnachrichtendienst (BND) sollen in nahezu allen Bereichen der Kriminalitätsbekämpfung Hospitanten austauschen, um so voneinander zu lernen. Indirekt hatte Kanther dies bereits im März angekündigt, als er dafür eintrat, die „Hürden bei der Zusammenarbeit zwischen Geheimdienst und Polizei zu beseitigen“ und die „Informationsblockade“ aufzuheben. Kaum einer hat es wahrgenommen. Das mag daran liegen, daß diese Hürden seit Jahren niedriger werden und die Informationsblockade längst aufgehoben ist.
In Bayern wird der Verfassungsschutz zur Bekämpfung der sogenannten Organisierten Kriminalität herangezogen. Der Bundesgrenzschutz betreibt die Aufklärung von Funkaktivitäten ausländischer Geheimdienste. Abnehmer sind die hiesigen Geheimdienste. Auch bei der Terroristenbekämpfung besteht ein reger Informationsaustausch zwischen Polizei und Verfassungsschutz, eingebunden ist bei Bedarf auch der BND. Zur Drogenbekämpfung setzen sowohl BKA wie BND in den Anbauländern Verbindungsbeamte ein. Gelegentlich nimmt der eine gleich die Arbeit des anderen mit wahr.
Nun sollen beide Behörden auch in der Bundesrepublik selbst Beamte austauschen. Das ist konsequent, ebenso wenn Kanther meint, ohne ein Gesetz auskommen zu können. Dennoch gibt es zwischen Geheimdiensten und Polizei ein Trennungsgebot. Nach den Erfahrungen mit der Gestapo sollte es in Deutschland keine geheimdienstlich arbeitende Exekutivpolizei mehr geben. Dies war die Meinung der alliierten Siegermächte ebenso wie die der Väter und Mütter des Grundgesetzes. Heute ließe sich zudem noch auf die Stasi verweisen. Kanther interessiert die Geschichte wenig. Seine Politik wird allein vom Effektivitätsdenken dominiert. Und ist eine organisatorische Zusammenarbeit erst einmal eingeführt, läßt sich ein Gesetz notfalls immer noch nachschieben.
Auf der Strecke bleiben, wie schon beim Lauschangriff, Grundgesetz und Bürgerrechte. Daß dem BND als Auslandsgeheimdienst ganz nebenbei Inlandsaufgaben übertragen werden, wen stört das? Aus schleichenden Grenzverschiebungen sind längst offene geworden. Otto Diederichs
Bericht Seite 6
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