Kommentar: Atompilze sind lecker
■ Vertuschung und Desinformation: Wie AKW-Sabotage zur Lappalie wird
Deutsche Atomkraftwerke sind sicher. Das predigt die Atomindustrie seit Jahren. Und wer jemals mit Sondergenehmigung und Körperdurchleuchtungscheck das Reaktorinnere von Krümmel besichtigen durfte, fragt sich, wie angesichts der enormen Sicherheitskontrollen je ein beschädigter Lastenzug in den atomaren Hochsicherheitstrakt gelangen kann. Geschweige denn, wie Saboteure eingeschleust werden sollten, die Hubzüge ansägen, Menschenleben gefährden oder dem Ruf der Atomindustrie schaden wollen.
Die Tatsache, daß Krümmel nach den Meldungen über verseuchte Atomtransporte, lockere Schrauben und Risse an Rohren nun erneut wegen grober Sicherheitsmängel in die Schlagzeilen gerät, gibt Anlaß zur Sorge. Noch bedenklicher aber stimmt, wie die HEW als Betreiber versuchen, den vermeintlichen Sabotageakt gegenüber der Öffentlichkeit zu verschleiern.
Als hätten sie aus den Atommüll-Skandalen dieses Sommers nichts gelernt, setzen sie ihre Desinformationspolitik unbeirrt fort. Da wird dementiert und abgewiegelt, bis die eigenen Aussagen von Dritten als unhaltbar entlarvt werden. Ob das peinliche Dreistigkeit oder kalkulierter Vorsatz ist, mag jeder für sich werten. Zwangsläufig aber verstärkt sich der Eindruck, daß es noch viel mehr zu vertuschen gibt, als den AKW-Betreibern lieb ist. Ein Sabotageakt wird da schon mal zur Lappalie.
Die Staatsanwaltschaft wird klären, wie es zu dem Anschlag kam. Dann, so steht zu befürchten, geht alles weiter wie bisher: Deutsche Atomkraftwerke sind sicher. Und Atompilze ein leckeres Gemüse. Heike Haarhoff
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