Kommentar: Ausgebootet
■ Der Irak wünscht regelmäßige Überprüfung der Sanktionen
Immer wenn der UN-Sicherheitsrat die Verlängerung der Irak-Sanktionen zu beschließen hatte, brach Saddam Hussein bislang eine Krise vom Zaun. Auf diese Weise stellte er sicher, daß diese sich nicht im Stillen durchsetzen ließen. Gleichzeitig hofften die Iraker auf die Widersprüche innerhalb des Sicherheitsrats, zwischen den USA und Großbritannien auf der einen und dem Rest der ständigen Mitglieder auf der anderen Seite.
So war es kaum verwunderlich, daß Bagdad im August, einen guten Monat bevor die Sanktionen verlängert werden sollten, das alte Spiel von neuem begann: Die Zusammenarbeit mit den UN-Waffeninspekteuren (UNSCOM) werde aufgelöst. Als Zeichen des guten Willens dürften die Inspekteure aber weiterarbeiten, bis der Sicherheitsrat abermals über das Schicksal der Sanktionen zu bestimmen habe, hieß es aus Bagdad. Eine Erklärung mit weit größeren Auswirkungen als die Blockade der UNSCOM-Visiten in den Präsidentenpalästen, die im Februar fast einen Militärschlag auslösten.
Die USA haben aus der letzten Krise gelernt. Statt erneut ihre Militärmaschinerie in Gang zu setzen, forderte US-Außenministerin Madeleine Albright den obersten UN-Waffeninspektor Richard Butler auf, sich mit unangekündigten Inspektionen zurückzuhalten. Die USA überzeugte gleichzeitig die anderen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats, die bisher festgelegte halbjährliche Überprüfung der Sanktionen aufzuheben.
Damit ist genau das passiert, was die Iraker immer verhindern wollten: Sanktionen, die nicht einmal mehr einer regelmäßigen Überprüfung (und damit der Möglichkeit ihres Endens) unterworfen werden. Das Thema Irak verschwindet in der Versenkung. Für die Iraker gibt es nur eine Möglichkeit, dies zu verhindern: Die Situation eskalieren zu lassen und das Thema zu einem Muß für die internationale Gemeinschaft zu machen. Die Ankündigung des irakischen Parlaments, die Zusammenarbeit mit den UN-Inspektoren aufzuheben, deutet in diese Richtung. Der nächste Schritt wäre deren Ausweisung, aber dazwischen will Bagdad offensichtlich weiteren Verhandlungen eine Chance geben. Vielleicht hofft man dort auch auf eine erneutes Intervenieren seitens des UN-Generalsekretäres Kofi Anan, der letzten Februar persönlich nach Bagdad gereist war und einen Krieg erfolgreich verhindert hatte. Karim El-Gawhary
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