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KommentarSpäte Erkenntnis

■ Albright gesteht Fehler der US-Politik in Lateinamerika ein

„Schwere Fehler“ haben die USA in ihrer Lateinamerika-Politik gemacht, sagt Außenministerin Madeleine Albright. Ein spätes Eingeständnis, aber immerhin. Zum ersten Mal gibt eine Spitzenpolitikerin der US-Regierung zu, daß die Vereinigten Staaten in ihrem Verhältnis zu Lateinamerika ein Problem haben, ja, daß es da eine zu bewältigende Vergangenheit gibt. Das war überfällig. Daß es jetzt geschieht, ist gut so.

Denn erstmals signalisiert damit auch die Führungsmacht im Kalten Krieg, daß in der Bekämpfung des Kommunismus eben nicht jedes Mittel recht sein konnte. Der Westen, der für Osteuropa unermüdlich die Menschenrechte predigte, unterstützte an der Peripherie die blutigsten Diktaturen, die sich ebenfalls als Bollwerke gegen den Kommunismus verstanden. Chiles Ex-General Augusto Pinochet bezog bis heute einen Teil seines ungebrochenen Selbstbewußtseins aus dem Wissen, mit der nördlichen Führungsmacht in völligem Einklang, wenn nicht geradezu in deren Auftrag gehandelt zu haben. Insofern erleichtert Albrights Äußerung, so banal sie eigentlich ist, den Prozeß Lateinamerikas, sich von dieser Vergangenheit tatsächlich zu lösen, ja vielleicht einige der Mörder und Folterer von damals doch noch vor Gericht zu stellen.

Die wenigen Worte Albrights können erst der Anfang sein. Und sie sind zwiespältig, stehen sie doch im Zusammenhang mit dem Bestreben der USA, eine Auslieferung des in Großbritannien gefangenen Pinochet an Spanien zu verhindern. Die USA fordern einen Prozeß in der Region. Das ist fast so etwas wie eine Monroe- Doktrin („Amerika den Amerikanern“) in Sachen Aufarbeitung. Doch auch Albright weiß, daß Pinochet in Chile vor Strafverfolgung geschützt ist.

Es spricht auch nicht viel dafür, daß mit dem Ende dieses Jahrhunderts auch die Dominanz der USA über Lateinamerika zu Ende ist. Nur die Parameter sind andere geworden. Der Kampf gegen die Drogen hat schon lange den Kampf gegen den Kommunismus abgelöst, und die heutigen Mächtigen Lateinamerikas studieren eher Ökonomie bei Milton Friedman als Folter in Fort Benning.

Insofern meint Albright, wenn sie von „schweren Fehlern“ spricht, auch Taktik und Image, nicht Strategie und Moral. Und das im Rückblick. Das hinterläßt einen bitteren Beigeschmack. Es ist eben doch ein bißchen spät. Bernd Pickert

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