Kommentar: Alte Hüte
■ Steuerzahlerbund zum Ernst der Lage
Stadtstaaten sind Wunschkinder der Verfassung, weil sie eine besonders bürgernahe Politik und Verwaltung ermöglichen. Sie können ein „Schmelztiegel“ sein für die Erprobung neuer Ideen und von Reformen, ein Laboratorium der Demokratie. Dies sind die klassischen Sätze zur Rechtfertigung der besonderen Kosten, die in einem Stadtstaat wie dem Land Bremen zwangsläufig entstehen.
Die Begründung klingt gut, leuchtet auf Anhieb ein. Aber was ist, wenn die Verwaltung nicht bürgernäher ist? Wenn die politischen Entscheidungsabläufe immer weniger transparent werden, weil sie in Koalitions-Kompromissen stattfinden und die satte Mehrheit der großen Koalition jeden Versuch der demokratischen Partizipation zur vergeblichen Liebesmüh macht? Wenn keine neuen Ideen erprobt werden? Wenn das Durchschnittsniveau der anderen Bundesländer ein totsicheres Argument gegen jede Reform ist?
An der Expertise des Bundes der Steuerzahler ist abzulesen, wie wenig die bremischen Argumente einem Betrachter von außen einleuchten. Die Vorschläge, die der Expertise angehängt wurden, sind in gewisser Weise alte Hüte, nur wurden sie bisher nicht umgesetzt in Bremen. Wenn ein verfassungsgemäßer Landeshaushalt für das Jahr 2005 ohne Sanierungshilfen auf der Tagesordnung steht, wird die Liste des Bundes der Steuerzahler kaum ausreichen.
Klaus Wolschner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen