Kommentar: Energie, politisch
■ Warum der Sonderweg der zufriedenen Kompromisse nicht zum Ausstieg führt
Für das Wohl der Hamburger Bevölkerung ist es vermutlich von vernachlässigenswerter Bedeutung, ob zuerst das Atomkraftwerk Stade oder doch Brunsbüttel abgeschaltet wird. Viel gewonnen wäre schon, wenn überhaupt einer der vier Meiler, die die 1,7-Millionen-Einwohner-Metropole umringen, vom Netz ginge.
Doch bei dem grün-grünen AKW-Streit geht es um mehr als Haarspalterei und die Ideologielastigkeit einiger Ökofundis: Der Verzicht auf einen Hamburger Sonderweg, mit dem sich der grüne Umweltsenator Porschke neuerdings „zufrieden“ gibt, bedeutet alles andere als die Garantie für das Aus von Stade. Dafür verspricht er Gewißheit – darüber, daß Hamburg sich, wenn sie die HEW nicht dazu nötigt, den Gesellschaftervertrag von Brunsbüttel zu kündigen, alle Möglichkeiten verbaut, aktiv auf den Stillegungsprozeß Einfluß nehmen zu können.
An Stade hat die Stadt kaum Aktien, an Brunsbüttel viele. In dieser glücklichen Lage, immerhin Mehrheitsgesellschafterin eines Atomkraftwerks zu sein, sind nicht viele rot-grüne Landesregierungen mit Ausstiegswillen. Auf den Einsatz dieses Druckmittels freiwillig und voreilig zu verzichten, steht nicht nur im Widerspruch zum Koalitionsvertrag. Es ist auch unnötig.
Die HEW behaupten zwar die Wirtschaftlichkeit des AKWs Brunsbüttel und folgern daraus, Abschalten sei Gesetzesbruch. Nachgewiesen haben sie das bislang nicht. Doch das reicht schon, um den Koalitionären die politische Energie auf ihrem Sonderweg der zufriedenen Kompromisse zu nehmen.
Heike Haarhoff
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